Fabriken statt Farmer

Mahlzeit! „Food, Inc.“ (23.15 Uhr, WDR) zeigt die Schweinereien der US-Lebensmittelindustrie

Echte Kühe auf grünen Weiden – so ist das noch in Virginia. Dort trotzt ein Farmer mit Hornbrille, Hemd und Hut der Industrie mit traditioneller Landwirtschaft: „Ich bin selbst überrascht, wie erfolgreich wir sind, wo wir doch nach normalen Maßstäben alles falsch machen.“

Normale Maßstäbe, das sind in den USA Fabriken statt Farmer. Eine Handvoll Firmen kontrolliert heute das gesamte Nahrungsmittelsystem. Und das ist mächtig, wie die für den Oscar nominierte Doku „Food, Inc.“ von Robert Kenner zeigt. Fast-Food-Multi McDonald’s zum Beispiel ist einer der größten Abnehmer für Rindfleisch, Hähnchen, sogar Äpfel. „Wenn McDonald’s will, dass Fleisch überall gleich schmeckt, verändert das die Produktion“ – etwa die Massenproduktion von Hühnern, die in kotverseuchten Ställen so schnell so schwer werden, dass sie nicht mehr laufen können. Auch die Situation der Farmer ist prekär: Laut Film verschuldet sich ein Hühnerzüchter durchschnittlich mit 500.000 Dollar beim Konzern, verdient aber nur 18.000 Dollar im Jahr. Eine fatale Abhängigkeit: „Wir haben in unserem eigenen Unternehmen nichts mehr zu sagen, wir sind wie Sklaven“, sagt die Züchterin Carole Morison, der im Anschluss an den Film ihr Vertrag mit dem Großkonzern Perdue gekündigt wurde, weil sie nicht auf moderne Produktion umstellen wollte, was heißt: auf Hühnerhäuser ohne Fenster.

Immer mehr Aspekte werden aufgerollt: Wie Kühe mit billigem Mais gefüttert und Menschen mit E.-coli-Bakterien angesteckt werden, sogar sterben. Und wie der Staat dagegen machtlos ist, weil die Firmen, die er kontrollieren soll, selbst Politik machen. „Es geht nicht nur um das, was wir essen“, so die Filmemacher. „Es geht um das, was wir wissen dürfen.“ Diese unbequemen Wahrheiten sind endlich akribisch dokumentiert. DIANA AUST