Anlauf nehmen und durchstarten

DIE MESSE Auf den Deutschen Gründer- und Unternehmertagen geben Experten Orientierung für den Weg in die Selbständigkeit

Wer schon mal baden gegangen ist, macht beim nächsten Versuch einiges besser

VON SOPHIE DIESSELHORST

„Macht nicht genau das Gleiche, was wir gemacht haben“, rät das Team des international erfolgreichen Architekturbüros Graft Architekten Gründungswilligen. Die Auflösung folgt sogleich: „Sondern“, so Lars Krückeberg, Wolfram Putz und Thomas Willemeit: „Macht das, was ihr für richtig haltet!“

Die drei Graft-Begründer, die sich 1998 in L. A. gemeinsam selbständig gemacht haben und seither mit ihren kurvenverliebten, oft gewagten Entwürfen so prominente Kunden wie Brad Pitt an Land gezogen haben, wollen im Rahmen der diesjährigen Gründer- und Unternehmertage (deGUT) potenzielle Gründer/innen dazu ermutigen, Vertrauen zu ihren eigenen Ideen zu fassen und Selbständigkeit zu wagen.

Als Repräsentanten der deGUT führen sie vor, dass der Sprung ins kalte Wasser zu einer Erfolgsgeschichte werden kann. Immer noch lassen sich viele von den Risiken abschrecken, die eine Gründung birgt: „Das Gründungspotenzial in Deutschland ist noch lange nicht ausgeschöpft“, sind sich Ulrich Kissing und Klaus-Dieter Licht, Vorstandsvorsitzende der Investitionsbanken Berlin und Brandenburg, die die deGUT seit 2008 gemeinsam ausrichten, einig.

Deshalb leisten die deGUT in diesem Jahr bereits zum 26. Mal Starthilfe – und zwar umfassend. Zwei Tage lang können sich alle Interessierten in der zentralen Ausstellungshalle bei über 100 Ausstellern über alle Aspekte einer Gründung informieren. Banken, Wirtschaftsverbände und Kammern sind vertreten, dazu erfolgreiche Unternehmen, die Einblick in ihre Gründungsgeschichte gewähren. Im Beraterforum besteht die Möglichkeit, sich ausführliche individuelle Unterstützung zu holen.

Außerdem gibt es Podiumsdiskussionen mit den Repräsentanten – neben Graft Architekten sind das unter anderem der ARD-Moderator und Biobauer Dieter Moor mit seiner Frau Sonja, der Internetpionier Lukasz Gadowski und Vural Öger, Gründer und Geschäftsführer der Reisebürokette Öger Tours. Ein Schwerpunkt der deGUT 2010 liegt auf der Förderung von Gründern mit Migrationshintergrund. „Die haben besonders gute Erfolgschancen, weil sie zwei Kulturen in sich vereinen“, ist Vural Öger optimistisch.

Egal, in welchem Stadium der Gründung man sich befindet – das reichhaltige Workshop-Programm, das Ausstellung und Diskussionsforum der deGUT ergänzt, bietet für jeden etwas. Es ist gegliedert nach den Gründungs- und Unternehmensphasen Planen, Gründen, Wachsen.

Die Planer können sich den Weg von der Idee zum tragfähigen Businessplan weisen lassen. Die, die mit dem Planen schon fertig sind und kurz vorm Start in die Selbständigkeit stehen, können sich über Gründungsformalitäten informieren, sich bei der Standortwahl beraten lassen und lernen, worauf man beim Abschluss eines Gewerbemietvertrags achten sollte. Für die, die sich bereits auf den Markt gewagt haben, bietet das Programm beispielsweise Seminare zu Marketing mit kleinem Budget, Verhandlungstechniken, Mitarbeiterführung und -motivation, Unternehmensstrategie oder Zeitmanagement.

Die Workshops werden organisiert vom Businessplan-Wettbewerb Berlin-Brandenburg, der dieses Jahr erstmalig im Rahmen der deGUT seine nächste Runde startet. Die Voraussetzung zur Teilnahme ist zunächst lediglich eine gute Geschäftsidee. Die Urheber der besten Einfälle nehmen kostenlos am intensiven Unterstützungsprogramm des Businessplan-Wettbewerbs teil, an dessen Ende die Möglichkeit winkt, ein Preisgeld zu gewinnen.

Last, but not least zeichnet die KfW-Bankengruppe im Rahmen der deGUT die „GründerChampions 2010“ aus – in dem Wettbewerb, der sich an Start-ups richtet, die jünger als fünf Jahre sind, werden am Ende drei Bundessieger in den Kategorien „Wirtschaftlich erfolgreich im Hightech-Bereich“, „Wirtschaftlich erfolgreich im Dienstleistungs-Sektor“ und „Wirtschaftlich erfolgreich als Kleinstunternehmen“ gekürt, die je 6.000 Euro Preisgeld gewinnen.

In fünf Jahren werden die „GründerChampions“ auf der deGUT zu den Senioren gehören – und vielleicht ihre Nachfolger beraten, so wie der Internet-Unternehmer Lukasz Gadowski, der 2005 mit seinem Unternehmen „Spreadshirt“ zum „GründerChampion“ gekürt wurde und 2010 Repräsentant der deGUT ist.

Mit seinem jüngsten Unternehmen „Team Venture Capital“ hat er sich darauf spezialisiert, Neugründungen finanziell und mit Rat und Tat zu unterstützen, die er für zukunftsträchtig hält – sein Maßstab: „Die Projekte müssen so vielversprechend sein, dass sie theoretisch auch ohne unsere Unterstützung erfolgreich wären. Wir greifen nur ein, um diesen Prozess zu beschleunigen.“ Vielleicht gehört zum Geheimnis einer guten Geschäftsidee auch unternehmerische Erfahrung: Bevor Gadowski mit „Spreadshirt“ zum erfolgreichen Unternehmer geworden ist, ist auch er ein paarmal baden gegangen.

Misserfolge, so die Moral von der Geschicht, gehören beim Gründen dazu – doch das Risiko lässt sich durch die Beratungsangebote der deGUT minimieren.