Die ersten Grünen wählen CDU

Im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf gibt es die erste schwarz-grüne Zählgemeinschaft in Berlin. Mit Hilfe der Grünen soll der CDU-Kandidat Gröhler zum Bürgermeister gewählt werden. Die SPD ist sauer, der liberale Flügel der Landes-CDU freut sich

von UWE RADA

„Knapp, aber eindeutig.“ So beschreibt der grüne Fraktionschef Andreas Koska die Entscheidung für Schwarz-Grün, die der Kreisverband Charlottenburg-Wilmersdorf vorgestern kurz vor Mitternacht fällte. 16 Parteimitglieder stimmten für die Zählgemeinschaft, die den bisherigen CDU-Stadtrat Klaus-Dieter Gröhler ins Amt des Bezirksbürgermeisters heben soll. 14 votierten dagegen, 2 enthielten sich. Charlottenburg-Wilmersdorf hat damit das erste CDU-Grünen-Bündnis auf Bezirksebene.

Nicht um die Besetzung des Bürgermeisterpostens sei es den Grünen gegangen, sagte Koska zur taz. Ausschlaggebend waren Inhalte, die zuvor mit der CDU vereinbart wurden: „Wir führen einen Bürgerhaushalt ein, werden regelmäßig Stadtteilkonferenzen durchführen und weiten die Parkraumbewirtschaftung aus“, zählt Koska auf.

Umsetzen lässt sich diese schwarz-grüne Agenda, weil die Bürgermeisterstimme im sechsköpfigen Bezirksamt doppeltes Gewicht hat. Zusammen mit dem designierten Bürgermeister Gröhler und einem CDU-Stadtrat kann die grüne Gesundheitsstadträtin Martina Schmidhofer künftig die drei SPD-Stadträte überstimmen. Ohne einen CDU-Bürgermeister hätte die SPD im Bezirk durchregieren können.

Beim bisherigen Partner SPD stößt der Sinneswandel der Grünen auf Unverständnis. „Das ist ein schwarz-grüner Tag für Charlottenburg-Wilmersdorf“, sagt die amtierende Bezirksbürgermeisterin, Monika Thiemen (SPD). Sie vermutet eine grüne Retourkutsche für die Entscheidung der SPD, auf Landesebene Koalitionsverhandlungen mit der PDS aufzunehmen. „Noch in der Wahlnacht standen die Zeichen auf die Fortführung der rot-grünen Zählgemeinschaft“, sagt Thiemen. „Erst nach der Entscheidung Wowereits gegen die Grünen hat sich das geändert.“

Thiemens Leid ist für Mario Czaja Grund zur Freude. Der CDU-Parlamentarier, für den das Gespräch mit den Grünen im Abgeordnetenhaus zur Selbstverständlichkeit gehört, beteuert zwar, „dass sich auf Bezirksebene schneller Gemeinsamkeiten finden lassen als auf Landesebene“. Doch das Votum zeige, „dass die Grünen inzwischen eher das Gemeinsame als das Trennende suchen“. Spät sei das passiert, so der einzige Christdemokrat, der in Ostberlin ein Direktmandat holte, „aber es ist passiert.“

Bahnt sich also in Charlottenburg-Wilmersdorf der Probelauf für eine schwarz-grüne Koalition auf Landesebene an? Ein entschiedenes „Njein“ kommt dazu von der grünen Sprecherin im Abgeordnetenhaus, Corinna Seide. „Die große Annäherung für Schwarz-Grün ist das nicht.“ Ein Friedbert Pflüger, so Seide weiter, mache noch keine neue CDU aus. „Klar ist aber auch, dass wir nach anderen Optionen suchen.“

Hilfreich könnte dabei die Tatsache sein, dass das grüne Bündnis nicht mit dem liberalen CDU-Flügel vereinbart wurde, zu dem neben Czaja auch der gescheiterten Spitzenkandidaten Pflüger gehört. Stattdessen paktieren die Charlottenburger Grünen mit jenem konservativem Flügel der Union, der vom Kreis- und Landesvorsitzenden Ingo Schmitt repräsentiert wird. Auch der designierte Bürgermeister Klaus-Dieter Gröhler gehört dazu.

Dass die Grünen dem Frieden nicht in allem trauen, zeigt sich bei der Besetzung des Ordnungsamts. Das soll nicht bei Gröhler bleiben, sondern zur SPD gehen. Als Grund nennt der grüne Fraktionschef Koska „die repressive Politik des Ordnungsamts gegen Radfahrer und Bürger in Parkanlagen“.

Für Nochbezirksbürgermeisterin Thiemen ist dies ein Hinweis darauf, dass bei Schwarz-Grün „von Anfang an ein Misstrauen da ist“. Dass nicht alles eitel Sonnenschein ist, räumt auch Koska ein: „Es kann auch sein, dass dieses Bündnis scheitert.“