Manifest der Medienhygiene

VON MAXIMILIAN BRUSTBAUER
UND LINDA RUSTEMEIER

Das Rad der Zeit kann von uns nicht mehr zurückgedreht und auch nicht gestoppt werden. Das würde auch nichts bringen. Schließlich profitieren wir von all den Vorzügen, die die Entwicklung mit sich bringt. Niemand würde behaupten, dass wir mit dem exzessiven Medienkonsum nur schlecht leben. Aber eine kritische Auseinandersetzung ist nicht nur empfohlen, sondern notwendig!

Denn einerseits bietet uns die moderne Medienlandschaft gigantische Möglichkeiten. Wir werden uns nie mehr in einer fremden Stadt verirren. Erreichbar sind wir 24 Stunden täglich, und eine aufkommende Wissenslücke kann sofort und überall geschlossen werden. Gleichzeitig sind wir aber auch gigantischen Verführungen ausgesetzt. Wir können die Ersten sein, die loben, die Ersten, die kritisieren, und die Ersten, die etwas weiterverbreiten. Wir wollen exklusiv sein!

Deswegen müssen wir ständig an der Quelle der Informationen sitzen, was uns immer mehr in die Matrix, die scheinbare Allwissenheit, treibt.

Wir können selbst die Geschwindigkeit des Medienflusses definieren, schaffen es aber nicht, uns den mitreißenden Gewalten zu widersetzen. Wir stehen kurz vor dem Erbrechen und fressen doch immer mehr und mehr Informationen in uns hinein.

Wir rufen nicht dazu auf, dem Medienkonsum zu entsagen. Wir wollen niemanden zur Askese nötigen, denn wir sind alle Teil dieser Informationsgesellschaft. Was es braucht, ist die Balance aus Speed und Limit – eine ausgewogene Rezeption. Das ist zwar nicht einfach, aber diese Katharsis kann nur erfolgreich sein!

Permanent und an jedem Ort können wir uns auf dem Laufenden halten. Es ist aber gar nicht nötig, sich ununterbrochen zu informieren, denn nicht jede Information ist eine gute. Nur weil man Schokolade mag, verschlingt man nicht jeden Schokoriegel der Welt.

Was es braucht, ist Mut zur Muße und zur Lücke. Besser ist ein selektives, dafür aber qualitatives Wissen. Freiheit ist, nicht alles zu wissen.

Wissen ist bekanntlich Macht. Aber nicht jedes Wissen macht uns schlauer.

Unterzeichnet vom 6. taz Panter Workshop: Vera Kern, Dominik Mai, Peter Lebrun, Wolfgang Gründinger, Vanessa Weiss, Daniel Stahl, Linda Rustemeier, Maximilian Brustbauer, Annabelle Georgen, Lena Kirschenmann, Silvia Vogelsang, Xavi Parrilla Guix, Christina Schmidt, Raphael Kösters, May Naomi Blank, Max Lange, Eleonora Roldán Mendívil, Marius von Holleben, Alina Kallenbach, Samuel Lennartz