Der Poltergeist des Juan Domingo Perón

Bei der Bestattung des früheren argentinischen Staatschefs in einem Mausoleum kommt es zu Massenschlägereien

PORTO ALEGRE taz ■ Auch 32 Jahre nach seinem Tod spaltet Juan Domingo Perón die argentinische Nation, vor allem die PeronistInnen selbst. Das zeigte sich erneut vorgestern, als die sterblichen Überreste des zweimaligen Staatschefs aus einem Friedhof in Buenos Aires in ein pompöses Mausoleum südlich der Hauptstadt überführt wurden. Zu Peróns ehemaligem Landsitz in San Vicente pilgerten 20.000 Menschen. Ein Streit um die besten Plätze auf dem Festpodium mündete in Chaos: Mit Stöcken, Flaschen und Steinen schlugen Bauarbeiter und Lkw-Fahrer, die im peronistischen Gewerkschaftsdachverband CGT organisiert sind, aufeinander ein.

Präsident Néstor Kirchner blieb dem Schlachtfeld fern. Während der zweiten Massenschlägerei spielte eine Militärkapelle die Nationalhymne. Danach segnete ein Priester die prügelnde Menge. „Mein General, ruhen Sie in Frieden“, rief Peróns 84-jähriger Mitstreiter Antonio Cafiero. Das Generalskäppi und ein Säbel Peróns verschwanden vom fahnengeschmückten Sarg. Vor laufenden Fernsehkameras schoss ein Gewerkschafter in die Menge, rund 65 Menschen wurden verletzt.

Prompt wurden Erinnerungen an den 20. Juni 1973 wach, als Perón aus seinem 18-jährigen Exil nach Argentinien zurückkehrte: Damals starben bei Straßenschlachten zwischen linken und rechten Peronisten mindestens 13 Menschen, hunderte wurden verletzt. Das Massaker gilt als Auftakt der Hexenjagd auf Linke, die drei Jahre später in den Militärputsch mündete.

Auch Peróns Leichnam kam lange nicht zur Ruhe. Drei Jahre lang lag er in der Präsidentenresidenz Olivos, bevor ihn die Militärs in aller Stille in die Familiengruft schaffen ließen. 1987 wurden ihm die Hände abgehackt, letzte Woche wurde er für einen Vaterschaftstest exhumiert.

Ideologische Debatten führen seine Anhänger heute keine mehr, doch aus machtpolitischen Gründen sind die peronistischen Gewerkschafts- und Parteiapparate auch für den Linksnationalisten Kirchner unverzichtbar. Die Idee mit dem Mausoleum stammte von seinem Vorgänger und erbitterten Gegenspieler Eduardo Duhalde. Kirchner ist der Totenkult um Perón zwar zuwider, aber in San Vicente wollte auch er dabei sein – allerdings erst, nachdem feststand, dass weder die Expräsidenten Duhalde, Carlos Menem oder der erst ein- und dann wieder ausgeladene Hugo Chávez ihm die Schau stehlen würden. Das Chaos dürfte Kirchner jetzt zu einer innerparteilichen Offensive nutzen. GERHARD DILGER