Neues Geld vom alten Meister

Krefeld will mit dem Verkauf eines Monet-Gemäldes ein Museum sanieren. Mit „Befremden“ sieht dies der Kulturausschuss des Landtags. Andere Städte haben ihre Kunst längst versilbert

VON KATHARINA HEIMEIER

So viele Besucher hat das Gemälde „Parlamentsgebäude in London“ des Impressionisten Claude Monet schon lange nicht mehr angezogen. In Massen strömen die Krefelder zurzeit in das Kaiser-Wilhelm-Museum, um einen letzten Blick auf das Werk zu werfen. Es ist eine Art Torschlusspanik, die sie antreibt, hat Museumsdirektor Martin Hentschel beobachtet. Die Stadt Krefeld will den Monet zu Geld machen – verscherbeln, wie Kritiker sagen.

Bis zu 20 Millionen Euro kann das Bild einbringen, hat man in der CDU-regierten Stadt ausgerechnet. Genug, um damit die längst fällige Sanierung des Museums zu bezahlen. „Es regnet rein und wir haben keine ausreichende Klima- und Sicherheitstechnik“, sagt Stadtsprecher Timo Bauermeister. Bei der großen Hitze im Sommer habe man Gemälde in den Keller tragen müssen – „die Farbe drohte von den Bildern zu fließen“, sagt Bauermeister und fragt: Was bringt ein Kunstwerk, wenn das Museum nicht mehr nutzbar ist?

Für solch pragmatische Fragen haben Kulturschaffende in ganz Deutschland wenig Verständnis. Ein Aufschrei ging durch die Feuilletons der überregionalen Tageszeitungen, als die Pläne der Stadt Krefeld bekannt wurden – und auch der Kulturausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags hat sich eindeutig positioniert.„Einmütiges Befremden“ äußerten die Abgeordneten in ihrer Sitzung am Mittwoch zu den Plänen der Krefelder, berichtet der kulturpolitische Sprecher der Grünen, Oliver Keymis. Auf seinen Antrag hin kam das Thema auf die Tagesordnung. „Unser künstlerisches und kulturelles Erbe darf im Grundsatz nicht als Verfügungsmasse der öffentlichen Haushalte verwandt werden“, heißt es in der Stellungnahme des Ausschusses. Keymis formuliert noch deutlicher: „Der Verkauf verbietet sich.“

Die klare Absage der Politiker an die Krefelder Pläne kommt nicht von ungefähr. Es gebe die Befürchtung, dass auch andere Städte auf die Idee kommen, sagt Keymis. Auch in Krefeld ist man sich bewusst, dass durch den geplanten Monet-Verkauf Vorhaben in anderen Städten angestoßen werden. „Das wird auch in anderen Städten diskutiert werden“, sagt Sprecher Bauermeister.

Neu allerdings ist die Idee, mit Kunstverkäufen knappe Kassen aufzufüllen, nicht. Die Stadt Bonn verkaufte im Jahr 2000 ein Bild von Georg Baselitz an die Stadtsparkasse. Der Grund: Im Jahr zuvor hatte eine Ausstellung Defizite eingefahren. „Für den Betrachter hat sich aber nichts geändert – das Bild hing immer an derselben Stelle“, sagt Thomas Böckeler vom Presseamt der Stadt Bonn. Die Sparkasse überließ das Bild dem Kunst-Museum als Leihgabe. Heftige Debatten gab es dennoch.

Auch ein Picasso aus Landesbesitz in der Kunstsammlung NRW stand einmal kurzzeitig zur Disposition. Hagen machte 1998 Ernst und ließ Gerhard Richters „Seestück“ bei Sotheby‘s in London versteigern, um eine Museumserweiterung zu finanzieren.

Soweit ist es mit den Gemälden im Wuppertaler Von der Heydt-Museum nicht gekommen. Aber auch dort gab es ab und an Stimmen, die hinter vorgehaltener Hand einen Verkauf forderten, wie Ernst-Andreas Ziegler, der lange Jahre das Presseamt der Stadt geleitet hat, berichtet. „Es gab immer mal wieder Leute, die gesagt haben, mit dem Verkauf von drei, vier Bildern könne man alle Haushaltsprobleme lösen“, sagt er. Aber zu einer ernsthaften politischen Diskussion sei es nie gekommen. „So etwas ist in Wuppertal undenkbar – bevor hier ein Picasso oder Cezanne verkauft wird, gibt es einen Volksaufstand“, sagt Ziegler.

In Krefeld ist die Diskussion „Monet oder Moneten“ noch nicht entschieden. Am 2. November tagt der Stadtrat. Bis dahin werden die Besucher vermutlich weiter ins Museum strömen.