Liebe ist kein Verbrechen

POP Unverwechselbare Stimme – die irische Musikerin Wallis Bird

Wenn sie singt, hat sie die Augen geschlossen. Wenn sie Gitarre spielt, verschmilzt sie mit ihrem Instrument.

Die Gitarre gehört zu ihr seit dem zweiten Geburtstag. Die Linkshänderin spielt sie mit der Rechten, die Saiten sind nicht umgespannt. Das kannte man nur vom Bluesgitarristen Albert King. Hinter Wallis Birds Entscheidung liegt ein Unfall. Als Einjährige geriet ihre linke Hand in den Rasenmäher. Doch Bird ist nicht der Typ, der sich deshalb unterkriegen lässt. Seit 2007 veröffentlicht die Irin, deren Musik ein Amalgam aus Folk, Punk und Jazz ist, Alben. Das Neueste nennt sich „Architect“, wobei das A aus einem Dreieck geformt ist, das mathematische Zeichen für Veränderung. Und tatsächlich lebt Bird mittlerweile in Berlin. Nach der Schule zog es sie zum Studium nach Dublin. Durch ein Austauschprogramm gelangte sie nach Deutschland, wo sie ihre Band und ihren Produzenten kennenlernte.

Die 32-Jährige brennt für die Musik. Und das ist auf ihrem neuen Album in jeder Pore zu hören. Bird vermag es, ihre Zuhörer in eine Gefühlswelt zu ziehen, die mal in schillernden, mal in dunkleren Farben erklingt, aber immerzu leuchtet. Nicht nur musikalisch, auch textlich ist „Architect“ ein Werk, das wegen seiner Intensität nachhallt. Deutlich wird das in dem Song „The Cards“, bei dem Bird so ziemlich alle bekannten Stimmlagen abdeckt. Im Text verarbeitet sie den Verlust einer geliebten Person. Der Song hebt sanft an, bis er in einen orkanartigen Orchester-Höhepunkt mündet.

Alle Songs auf „Architect“ behandeln das Thema Liebe auf eigenartige Weise. Auf „I can be your Man“ rechnet Bird mit Rollenklischees ab und singt, wie sie in einer Beziehung sowohl Mann als auch Frau sein kann: „Love is not a crime / only the rules that you seem to find.“

Wallis Bird schert sich nicht um Konventionen, ihre Stimme klingt unverwechselbar. Ihre Musik ist der tönende Beweis, dass sie die Architektin ihres eigenen Lebens ist. Wie viel Mühen das kostet, wie aufwühlend das ist, davon zeugt „Architect. LISA MAUCHER

■ Wallis Bird: „Architect“ (Karakter/Bird Records)