Was die Bleistifte in Hotels erzählen

LESESTÜCK Irgendetwas ist in Hotelzimmern immer interessant. Oder seltsam

■ „Leben“ heißt der Roman, mit dem David Wagner 2013 den Leipziger Buchpreis gewann und auf den Bestsellerlisten landete. Es ist die Geschichte eines Mannes, dem eine Leber transplantiert werden muss und der dann seine Umgebung und sein neu gewonnenes Leben neugierig mustert (Rowohlt Verlag), genau beobachtet, unprätentiös und mit Witz erzählt.

■ David Wagner wurde 1971 geboren und hat neben „Leben“ u. a. die Bücher „Meine nachtblaue Hose“, „Vier Äpfel“, „Spricht das Kind“ sowie „Welche Farbe hat Berlin?“ geschrieben. Im Herbst wird sein neues Buch erscheinen, das er zusammen mit dem Autor Jochen Schmidt schreibt: „Drüben und Drüben. Zwei deutsche Kindheiten“ (alles Rowohlt).

VON DAVID WAGNER

Im Jahr 2012 habe ich Berlin nur dreimal verlassen. Im Sommer fuhr ich nach Österreich, einmal war ich am Liepnitzsee und einmal im Herbst in Hamburg. Ich schlief nicht eine Nacht im Hotel, ich schlief die meiste Zeit am Schreibtisch. Ein Buch musste fertig werden.

2013 war dann ganz anders. Das Buch war nach fünf Jahren tatsächlich fertig geworden, stand auf der Shortlist für den Preis der Leipziger Buchmesse und gewann. Leseeinladungen kamen. Von da an war ich plötzlich viel unterwegs und schlief in vielen Hotels. Und weil in nicht wenigen Hotels Bleistifte neben kleinen Blöcken liegen, fing ich an, mir Hotelnotizen zu machen. Irgendetwas war immer interessant. Oder seltsam.

Hotel Dollmann, München. In der Juniorsuite stehen Erdbeeren in einem Schüsselchen auf dem Tisch. Italienische Architekturstiche hängen an den Wänden, es gibt eine kleine Terrasse. Empiremöbel im Zimmer, Nachbauten, nehme ich an. Helles Parkett. Mir gefällt der zierliche Schreibtisch, Damenschreibtisch heißt das wohl im Möbelbau, steht leider zur Wand, so könnte ich nie sitzen. Wenn ich in Hotelzimmern schreibe, dann meist auf dem Bett. Das Bett hat hier einen Baldachin aus dem gleichen Stoff wie die Vorhänge, großzügig, ja üppig wurde der Stoff zugeschnitten. Ein schönes Zimmer, diese Juniorsuite. Bin froh, dass ich nicht in die Seniorsuite musste. Oder gibt es die gar nicht? Heißt die in Hotelsprech Mastersuite?

Das Frühstück wartet in einem Raum im Souterrain, geschickt ausgeleuchtet, ich lasse mich täuschen, glaube kurz, die Sonne schiene herein. Marmelade steht auf dem Tisch, Erleichterung, ich muss nicht auch noch für die Marmelade zum Büfett. Eigentlich mag ich Frühstücksbüfetts nicht. Die große Auswahl verwirrt mich und schüchtert mich ein. Und eigentlich möchte ich morgens doch gar nicht viel essen. Erwachsen komme ich mir immer vor, wenn ich trotz reichhaltigen Überangebots nur wenig frühstücke. Erinnere mich an die Adoleszenz-Vollfressereien mit meinem Bruder, wer schafft mehr? Es gibt nur eine SZ, und die wird schon gelesen, kaufe mir deshalb oben an der Rezeption eine eigene. Aus dem Zimmer nehme ich den Bleistift mit, der auf dem Nachttisch lag. Notiert habe ich nichts.

Hotel Maingau, Frankfurt am Main. In Sachsenhausen. Kleines, kurioses Zimmer mit Waschbecken neben dem Bett, nur einen Meter vom Fußende entfernt – wohl weil das Waschbecken nicht mehr in das kabuffkleine Minibadezimmer passte. Das Fenster geht zur schönen Brückenstraße. Mir fällt ein, dass ich als Kind ein Zimmer mit Waschbecken hatte, war ein Vorteil, musste ich mich morgens nicht mit meinen Geschwistern im Bad drängeln. Seltsame Dusche: Der Schlauch beginnt kurz unter der Decke, ist aber so kurz, dass der Duschkopf sich nur bis auf Nabelhöhe herunterziehen lässt. So habe ich noch nie geduscht. Internet kostet eine Extragebühr. Ich verstehe das nicht. Wieso verlangen sie nicht fürs Fernsehen Geld? Sehr schmales Bett, egal. Immerhin, es gibt echte Bügel und nicht solche mit Miniknöpfen, die an einem Bügelring der Kleiderstange ein- und ausgehakt werden müssen. Ich hasse diese Fummelbügel, finde sie kleinlich. Sagt diese Konstruktion mir nicht: Eigentlich verdächtigen wir dich, unsere Hotelbügel klauen zu wollen.

Hotel Wedina, Hamburg. In oder auf St. Georg. Ein Lieblingshotel, war schon zwei- oder dreimal dort. Würde da gern wohnen. Zimmer mit Sofa, großzügig. Es gibt sogar eine Küchenzeile, nutze die allerdings nicht. Bin ja wie immer nur eine Nacht da. Auf dem Tischchen stehen Brownies und Obst. Schade, dass das Wetter so schön ist, ich muss hinaus.

Best Western Motel, Gießen. Spaziere vom Bahnhof kommend durch die Nachkriegsbebauung, finde auch gleich zum berühmten Elefantenklo – einer riesigen, unförmigen, kantigen Betonfußgängerbrücke mit großen, achteckigen Aussparungen. Sie haben dem Gebilde zu seinem Namen verholfen. Zimmer im siebten Stock, Aussicht. Zähle insgesamt fünf kleine Pappaufsteller mit Hinweisen auf zusätzliche kostenpflichtige Dienstleistungsangebote. Ich sammle sie alle ein und verstecke sie im Schrank. Gute Matratze, straff geführtes Superkettenhotel. Leider kein Wasserkocher auf dem Zimmer wie in amerikanischen Best Western. Schade. Verlasse das Haus schon um fünf Uhr früh, muss zum Zug, kein Frühstück. Nehme aus dem Obstkorb an der Rezeption zwei Äpfel mit.

Hotel Altera, Oldenburg. Im Zimmer steht ein Ventilator, weiß, steht da wie ein Versprechen – es könnte also auch sehr heiß werden. Ein DVD-Spieler unter dem Fernseher, auf einem rollbaren TV-Möbel aus Metall, an der Rezeption könnte ich mir DVDs ausleihen. Auf der Fensterbank eine giacomettihafte Giraffe, eine Skulptur, aha, aus dem Bett gut zu sehen. Eine Espressomaschine, hier von Bosch, das System Tassimo. Im Zimmer hängt, und das ist schon etwas Besonderes, eine Arbeit von Franz Radziwill, letztes und jüngstes Mitglied der Freien Sezession mit Schmidt-Rottluff, Heckel und Max Pechstein. Lebte lange als Einzelgänger im Land Oldenburg. Die Arbeit besteht aus einem Kasten mit Stuka-Modellen, bemalten Muscheln, einem Kalenderblatt, einem runden Porträt, das an einem fast unsichtbaren Faden hängt, und Hintergrundmalerei. Stabparkett auf dem Boden, es gibt auch einen begehbaren Schrank, obgleich das Zimmer selbst eigentlich nicht groß ist, es ist vor allem tief. Die Fenster haben, so selten zu sehen, zwei waagerechten Sprossen. Im Bad stehen Wattebäusche in einem Glasbehälter, zum Glück muss ich mich nicht abschminken. Die Armaturen gefallen mir, Stahl, sehr stabil, gute Höhenverstellung in der Dusche. Sollte ich mir je ein Bad bauen, dann mit solchen Armaturen.

Im Frühstücksraum sitzen verteilt an verschiedenen Tischen zwölf Männer, alle im Hemd ohne Jackett, ausnahmslos Anzugshemden. Eine einzige Frau ist im Raum – die Bedienung. Sie bringt Kaffee, der Kaffee ist gut. Auf den breiten Fensterbänken liegen und stehen Bildbände, ich blättere durch einen über Venedigs Luxusunterkünfte und höre dabei Gesprächen über Öltanker und den Jade-Weser-Port, weitere Gesprächsfetzen: „bei uns im Vorstand“, „umtriebig“ und „Mallorca“. Ich lausche auch einer längeren Ausführung, einem Impuls-Referat zur Kühllogistik und den Firmen, die sie in Deutschland betreiben, der Ortsname Meckenheim und der Firmenname Rungis fallen einige Male. Männerwelt beim Frühstück.

Hotel Königshof, Köln. Überall ist dieses Signet, eine Krone, zu sehen: als Handgriff auf den Türen, eingewebt auf dem Teppichboden, auf dem Block, auf dem Kuli und auf den Handtüchern, es fehlt nur auf dem Toilettenpapier. Habe ein sehr kleines Hinterhofzimmer, Tauben gurren zwischen Lüftungsanlagen, war wohl mal ein Raucherzimmer, ich rieche es nachts, bin dann aber zu müde, um zu wechseln. Monets Seerosen blühen über dem Bett. Ein Hosenbügler, wandmontiert, zum Herausklappen. Eines Tages möchte ich so einen mal ausprobieren.

Hotel Domizil, Tübingen. Schöne Lage, ich sehe den Neckar aus meinem Zimmer, sein Wasser ist grün. Neben dem Bett steht ein sonderbarer Nachttisch quer zum Bett, sieht wie ein angeschrägtes Kommandopult aus, eine Lampe, die wie ein Mikrofon oder ein Dampfer-Kommandorohr wirkt, ragt heraus. Auf dem Schrank und an den Wänden sind hellgrüne und türkisfarbene Dreiecke zu sehen. Die Begrüßungswasserflasche soll 2,50 Euro kosten, wie kleinlich. Gute Matratze, möchte da weiterschlafen. Das Waschbecken ist absurd hoch montiert. Oder bin ich geschrumpft? Grauer, wild gemusterter Teppichboden liegt im Zimmer und auf dem Flur, die Flecken sind also schon eingearbeitet, als solche antizipiert, da fallen sie nicht auf. Reha-Charme in Neunziger-Jahre-Architektur. Im Frühstücksraum am Neckar läuft Phil Collins, dann Kirmesdisko. Das Frühstücksbüfett liegt kurz vor acht geplündert da, eine Kulturbusreisegruppe war schon hier. Die Bedienung, blond, sehr freundlich, hat einen russischen Akzent. Überall in Tübingen, in fast jedem Lokal hängt ein Schild, werden Servicekräfte gesucht. Könnte gleich anfangen. Ich überlege zu bleiben.

Hotel Rainhof Scheune, Kirchzarten im Schwarzwald. Alles ist aus Holz, ich schlafe in einer einstigen Knechtkammer. Oder zwei zusammengelegten Knechtkammern? Boden aus Holz, alle vier Wände aus Holz, Decke aus Holz. Sehr gute, sehr helle Lampen erzeugen indirektes Licht. Das eine Fenster ist nicht sehr groß, heute bin ich Hieronymus im Gehäuse. An der Wand hängt ein großer Querformatspiegel – erst als es mir erklärt wird, verstehe ich, dass es sich um einen Fernseher handelt. Ist als solcher gar nicht zu erkennen. Spät in der Nacht schalte ich ihn ein – leider kommt nichts.

Hotel Stadt Hannover, Göttingen. Die Vertäfelung und das mit Teppichboden ausgelegte hölzerne Treppenhaus verraten es, ja, es ist ein altes Haus. Das Hotel heißt Stadt Hannover, so steht es auch auf den schweren Silberkännchen, in denen der Kaffee auf den Frühstückstisch kommt. Mir gefallen diese Silberkannen. Und die Vertäfelung. Die Lokalzeitung Göttinger Tagblatt liegt aus. Ein Betrunkener wurde auf einem Damenrad erwischt, bald endet die Anmeldefrist für den Göttinger Stadtlauf. Was war noch? Ein Fleischer und ein Bäcker eröffnen zusammen ein neues gemeinsames Geschäft. Eigentlich ist alles interessant.

Neben dem Aufzug hängt, eingerahmt, ein Zertifikat, es bescheinigt, dass im Leitungswasser dieses Hotels keine Legionellen vorhanden sind und die Grenzwerte unterschritten bzw. eingehalten werden. Aha. Diese Unbedenklichkeitserklärung macht mir Angst, lasse das Wasser nun extra lange laufen und bilde mir trotzdem leichten Brechreiz ein. Putze mir zuletzt mit Mineralwasser die Zähne.

Amber Hotel, Hilden. Großformatige Tulpenbilder, Wandfarbe Apricot und wieder ein Teppichbodenmuster, das Flecken verstecken soll. Habe zum Glück meine Flip Flops dabei, muss diesen Teppichboden also nicht mit nackten Füßen betreten. Eine Philips-Senseo-Maschine steht im Zimmer, großes Plus, gleicht fast aus, dass ich für Wlan hätte bezahlen müssen.

Befinde mich in einem Dachzimmer mit Dachschräge, die Fenster zeigen in den Himmel, Rauchmelder an der Decke blinken alle dreißig Sekunden kurz grün auf. Nerven. Und wieder nur Energiesparfunzeln. Ich sollte mit richtigen Glühbirnen reisen. Zum Lesen müsste ich mich eigentlich ins Badezimmer setzen, dort, im Schminklicht, ist es hell genug. Hotels, in denen Kugelschreiber auf dem Zimmer liegen (wie hier), sind eher nicht so gute Hotels, so mein Eindruck mittlerweile, Hotels, in denen Bleistifte liegen, hingegen eher bessere. In den Kuli-Hotels liegt fast immer auch Teppichboden.

Zweibrücker Hof, Herdecke. Ich möchte dann mal, habe eine Badehose dabei, ein Hotelschwimmbad nutzen, möchte schwimmen gehen – aber was als Schwimmbad angekündigt wird, entpuppt sich als sehr große Badewanne. Schwimme lieber doch nicht, gehe stattdessen lieber an der Ruhr spazieren. Ein sehr hoher, gemauerter Eisenbahnviadukt führt über das Tal, sieht großartig aus. Als die Engländer während des Krieges die Möhnetalsperre bombardierten, brach ein Pfeiler ein, erzählt mir ein älterer Herr. Frühstück sehr gut. Oder verwechsle ich das mit einem anderen Hotel?

Rheinhotel Meder, Andernach. Kleines Hotel am Rhein. Zimmer zum Fluss, nachts höre ich die Schiffe. Und die Güterzüge. Ein sehr freundliches Ehepaar führt das Hotel, sie stammt aus Berlin, hat die ersten zehn Jahre in der Stargarder Straße gewohnt, ging 1960 in den Westen. Bemalte Bauernschränke im Zimmer. Leider regnet es.

Hotel am Forum, Fürth. Außen auf den Hotelzimmertüren sind Nilpferd-Zeichnungen zu sehen. Befinde ich mich auf dem Nilpferdflur? Der Schrank im Zimmer ist giftgrün, im Bad stehen die Kosmetiktücher in der Kartonverpackung da, ohne jede Verhüllung. Ich ärgere mich plötzlich über die Handtücher-nicht-wechseln-schont-die-Umwelt-Schilder. Unter dem Wohlfühl-Deckmäntelchen Umweltschutz geht es doch bloß darum, Wäschekosten zu sparen. Auf dem Frühstückstisch stehen Tischmülleimer. Wo Tischmülleimer stehen, gibt es nur abgepackte Marmelade und abgepackte Butter. Alles verpackt, nur die Schrippen nicht, die hier selbstverständlich Semmeln heißen.

Hotel Savoy, Köln. Von außen ein abstoßender Kasten – innen aber schön. Luxuriös. Bin in einer Juniorsuite mit Whirlpool, das Fernsehen zahlt. Sehr viele Fenster. Fast nur Fenster, schwere Vorhänge, als ich die zur Seite ziehe, kommen noch mehr Fenster zum Vorschein. Draußen sind es heute 37 Grad, ich schalte die Klimaanlage ein, ertrage ihr Rauschen gern, sie kühlt. Öffne später in der Nacht aber doch die Fenster, ein Grashüpfer, ein Heupferdchen hüpft vom Dachgarten ins Zimmer, er landet in dem tiefen, flauschigen Teppichboden. Er hält ihn wohl für eine Wiese.

Hotel Kraft, Basel. In Kleinbasel, direkt am Rhein. Zimmer im vierten Stock, Blick aufs Wasser, da fließt er, der liebe Rhein, mit starker Strömung. Immer noch sehr warm, ein paar tausend Rheinmücken fliegen zum Licht in meinem Zimmer, sind aber ganz kleine, sie stechen nicht. Sehr gutes Bett. Ein Ankleidezimmer – oder soll ich Schrankzimmer sagen? Lasse den Koffer jedoch draußen liegen. Zwei sehr schöne Stahlrohrsessel. Das Bad ist interessant aufgeteilt, am kleinen Flur liegt links ein Raum mit Badewanne und Toilette, rechts ein Raum mit zwei Waschbecken. Alles glänzt so neu. Sitze in der Nacht noch lange auf dem Balkon über dem Fluss, schaue auf die Brücke, den Strom, das Baselpanorama.

Muss leider um fünf Uhr aufstehen und eine Viertelstunde später aufbrechen. Habe gar nicht viel von diesem Luxuszimmer am Rhein.

Waldschlösschen, Schleswig. Es war wohl mal ein Ausflugslokal, heute aber, mit all den gewucherten An- und Erweiterungsbauten ist von dem ursprünglichen Gebäude nur noch der Giebel zu sehen. Großzügiges Zimmer, tiefer, flauschiger Teppichboden. Badezimmer mit zwei Waschbecken, Toilette extra. Edelholzvertäfelung im Zimmer, obwohl es sich selbstverständlich um einen Neubau handelt. Bodentiefe Fenster bilden einen kleinen Erker, eine dreieckige Ausstülpung, lassen so noch mehr Licht herein.

Im Frühstückssaal staune ich über die Aussicht: In nur etwa achtzig Meter Entfernung führt eine stark befahrene Spannbetonbrücke über das liebliche Tal, Lastwagen rollen durchs Landschaftsbild. Wirkt so absurd, ja komisch, weil alles Drumherum so waldig-naturnah wirken möchte. Und es ja gar nicht ist.

In der Bibliotheksecke des Saals, die als gediegene Hintergrundtapete für den Spirituosenwagen dienen soll, stehen ledergebundene Readers-Digest-Auswahlbände und eine ältere englische Darwin-Ausgabe. Ich finde auch eine im Husum-Verlag erschienene Kulturgeschichte der Unterwäsche aus dem Jahre 2011. Mit vielen Abbildungen. Gefällt mir das Buch, ich blättere länger darin herum, notiere mir den Titel, überlege kurz, es zu klauen.

Auf dem Rückweg ins Zimmer sehe ich einen kleinen Frosch durch einen der Eingangsbereiche hüpfen. Bin sehr überrascht über diesen Frosch im Hotel. Lasse ihn, helfe dabei ein wenig nach, auf meine Zeitung zu hüpfen, und trage ihn durch die Schiebetür hinaus in die Grünanlage. Er springt in einen Farnbüschel und ist verschwunden. Oder wollte er geküsst werden?

Landhaus Schellhorn, Preetz. Muss wieder sehr früh aus dem Hotel, vor dem Frühstück. Im Zimmer viele kleine Lampen, so ist es hell. Sonst nichts Besonderes. Doch, eine kleine Spinne im Bad, sie verkriecht sich dann aber hinter der Toilette. Da soll sie wohnen bleiben.

Zum Hirschen, Salzburg. Zimmer 216. Zierkissenpest im Zimmer, fünf von ihnen muss ich vom Doppelbett räumen. Die haben ja keine Wechselbezüge, wer weiß, wer auf denen schon gelegen und was mit ihnen angestellt hat. Eine Mozartkugel liegt auf dem Kopfkissen. Ist in Salzburg wahrscheinlich Gesetz, dass auf jedem Kopfkissen eine Mozartkugel zu liegen hat, jeden Abend. Hier ist es eine von Mirabelle, das sind die ganz runden. Ich lege sie auf den Nachttisch, sie rollt natürlich runter. Bin in einem Eckzimmer mit drei Fenstern. Zur Straße, aber mit Ausblick auf den Kapuzinerberg und seine Antennennadel, heute eingeschneit. Alles ist weiß. Helles Fertigparkett auf dem Boden. Ein Bleistift liegt auf dem Notizblock, zwei dezente kleinformatige Lithografien an den Wänden, Salzburger Stadtansichten. Wandleuchter mit Kerzenleuchten, floral verziert, grün-rot-gelb-gestreifte Vorhänge, angenehme Farbverläufe.

Das Zimmer gefällt mir. Im Bad entdecke ich direkt neben der Toilettenpapierhalterung ein Wandradio. Es muss von einem früheren Hotelbadezimmer übrig geblieben sein, einem, das sich hier vor der letzten Renovierung befand. Es hat bloß zwei Drehknöpfe. Mit dem einen lässt sich die Lautstärke regulieren, mit dem anderen zwischen fünf Stationen hin und her schalten. Der einzige Sender, der klar und deutlich zu empfangen ist, heißt Radio Italia. „Radio Italia, ti regalerà la felicità“ wird da immer wieder gesungen. Lasse ich laufen. So bin ich in Salzburg auch in Italien.

Hotel Helvetia, München. In München schneit es, finde gleich zum Hotel, ist wirklich nah am Bahnhof, schönes Zimmer, Doppelzimmer, dunkler Holzboden, ein Bleistift liegt auf dem Blöckchen, wie gestern in Salzburg, Belege für meine Bleistifttheorie. Über dem Kopfende des Betts hängt ein großes Bild auf Holz, eine Grafik, ein Skifahrer aus den sechziger Jahren. Graue Stoffbahnen vor dem Fenster, es ist eine Art Design-Hotel oder will eines sein. Es gibt einen Wasserkocher, ich mache mir Tee.