Snowden muss sich verteidigen

TV Whistleblower gibt Putin eine Vorlage und steht nun in der Kritik

BERLIN taz | Es war ein besonderer Leckerbissen in der vierstündigen Fragestunde, zu der Russlands Präsident Wladimir Putin am Donnerstag im russischen Fernsehen geladen hatte. Unter den zugeschalteten Gästen tauchte auf dem Bildschirm plötzlich Edward Snowden auf, der NSA-Whistleblower, der in Russland Asyl genießt. In den USA sei es ja nun so, dass einfache Bürger millionenfach überwacht würden – wie es denn Russland damit halte, wollte Snowden wissen. Putin antwortete, man könne unter Profis reden, schließlich kämen sie ja beide aus der Geheimdienstbranche. Natürlich sei es wichtig, Kriminalität und Terroristen zu bekämpfen. Aber millionenfache Überwachung? Nein, das gebe es in Russland nicht, im Gegenteil: Überwachungsmaßnahmen unterlägen einer strengen Kontrolle und müssten von Gerichten angeordnet werden.

Die Kritik an Snowden, er habe sich hier für eine Propagandashow des russischen Präsidenten einspannen lassen, ließ nicht lang auf sich warten, und sie drang auch zu Snowden vor. Im britischen Guardian wehrt er sich: Er habe Putin nicht befragt, um ihn weißzuwaschen, schreibt Snowden. „Ich war überrascht, dass Leute, die mir dabei zugesehen haben, wie ich mein Leben riskierte, um die Überwachungsprogramme meines eigenen Landes offenzulegen, nicht glauben konnten, dass ich auch die russischen Überwachungspraktiken kritisieren könnte.“

Das Problem ist nur: Snowden kritisiert ja gar nichts. Er schleudert Putin keine Beispiele von bespitzelten Oppositionellen an den Kopf – er fragt einfach nur und gibt Putin damit eine Steilvorlage. „Tatsächlich war Putins Antwort auffallend ähnlich zu den Dementis, mit denen Barack Obama anfangs den Umfang der NSA-Überwachung verneint hatte“, schreibt Snowden im Guardian. Aber: „Wenn wir den Wahrheitsgehalt der Stellungnahmen von Amtsinhabern erkunden wollen, dann müssen wir ihnen erst einmal die Möglichkeit zu solchen Stellungnahmen geben.“ Von diesen Überlegungen allerdings erfuhr das russische TV-Publikum nichts. PKT