Kurt Niemeyer, Projektleiter
: Der Unerschrockene

■ der 40-Jährige ist seit 2009 Geschäftsführer des Verbandes binationaler Familien in Hannover. Zuvor war er Journalist.

„Mein Türkisch“, sagt Kurt Niemeyer, „ist ja recht rudimentär.“ Das sei im Berufsalltag kein Problem, wohl aber im familiären: Dann nämlich, wenn seine Tochter und seine Frau tuscheln. Aber noch hält sich das in Grenzen; seine Tochter ist erst vier. Und sie möge es sehr, wenn sie eine Geschichte erst auf Deutsch und dann auf Türkisch vorgelesen bekomme, sagt Niemeyer. „So lernt sie, beide Sprachen von Anfang an wertzuschätzen.“

Dieses Erlebnis sollte auch anderen Kindern zuteil werden, fand der von Niemeyer geführte Hannoversche Verband binationaler Familien. Da passte es gut, dass der Hannoversche Gesellschaftsfonds Fördergeld für Migrantenprojekte mit Senioren ausschrieb. „Unsere Omas und Opas erzählen in vielen Sprachen“ heißt die Initiative, die der Verband daraufhin vorschlug. Seit August läuft das Projekt.

15 russische, türkische und arabische Senioren hat man aufgespürt. Einmal wöchentlich besuchen sie sechs Kitas, in denen besonders viele Kinder diese Sprachen sprechen. Sie lesen vor, erzählen oder spielen mit Handpuppen sorgsam ausgewählte Geschichten. „Wir haben eine Liste geeigneter Bücher erstellt“, sagt Niemeyer. Und wenn jemand spontan erzählen wolle, bespreche man die Themen. Politik und Religion seien tabu.

Allerdings, sagt Niemeyer, sei es nicht einfach gewesen, geeignete Senioren zu finden. „Sie sollten Deutschkenntnisse haben, pädagogische Erfahrung und Interesse an Literatur.“ Zudem seien sie zunächst oft befremdet darüber gewesen, dass ein deutsche „Institution“ sie brauchte. „Solche Wertschätzung sind viele gar nicht gewohnt“, sagt Niemeyer. „Da war viel Überzeugungsarbeit nötig.“

Aber die leistet er gern. Niemeyer ist ein agiler, optimistischer Mensch. Und inzwischen, sagt er, laufe das Projekt gut. „Die Senioren haben sich schnell mit den Kindern angefreundet.“ Er hat auch schon neue Pläne: „Wir brauchen dringend polnische und kurdische Senioren“, sagt er. „Auch hier ist der Bedarf groß.“

Wie er das bezahlen will, wenn die einjährige Förderung ausgelaufen ist? Weiß er noch nicht. Die Anschlussfinanzierung sei schwierig, räumt er ein. Aber er gibt nicht auf. PS