„Wünsch dir was“ für Wissenschaftler

Die Großforschung in Europa soll besser gesteuert werden. Eine Liste von 35 Mammutprojekten zeigt, wo es in den nächsten Jahren langgehen wird. Die erneuerbaren Energien profitieren nicht davon. Obwohl sie könnten

BERLIN taz ■ Wenn Wissenschaftler „Wünsch dir was“ spielen, dann kann das teuer werden. Besonders dann, wenn es um Großforschungsprojekte geht. Mit 35 solcher Megawünsche sind europäische Forscher auf die erste „Efris“-Liste der Europäischen Kommission gekommen.

Efris ist ein Forum von über 1.000 Experten, die die Großforschung in der EU zu einer europäischen Angelegenheit machen. Sie soll so effizienter werden und die klammen Nationalstaaten entlasten. Nach einem zweijährigen Konsultationsprozess haben die Experten jetzt die erste „Roadmap für Forschungsinfrastruktur“ in den Bereichen Energie, Umwelt, Astronomie, Materialforschung, Biotech, Geisteswissenschaft und Datenverarbeitung vorgestellt. Es geht um Projekte wie einen 3,4 Kilometer langen Röntgenlaser in Hamburg, ein Forschungsschiff für die Erkundung der Ozeane und einen Fusionsreaktor in Frankreich.

Die Projekte, allesamt noch in der Planungsphase, sollen in den kommenden 10 bis 15 Jahren umgesetzt sein. Bis dahin haben sie nach heutigen Schätzungen gut 30 Milliarden Euro verschlungen. Das Geld soll überwiegend von den Mitgliedstaaten selbst kommen. Efris bietet lediglich eine Plattform, auf der interessierte Förderer zusammen kommen können.

Junge Forschungsgebiete wie die Erneuerbaren Energien tauchen in der Liste nicht auf. Das liegt auch daran, dass es hier bisher keine Forschungsprojekte gibt, die oberhalb der 100-Millionen-Euro-Grenze liegen. Dabei gäbe es durchaus Potenzial, sagt Hans-Joses Fell, Energie- und Forschungsexperte der Bündnisgrünen im Bundestag. „Wir haben ein riesiges ungenutztes Potenzial etwa in der Meeresenergie, also der Gezeitenenergie und Salzkraft oder auch der Offshore-Windkraft.“

Doch die Vertreter der erneuerbaren Energien auf europäischer Ebene sind offenbar gar nicht so erpicht darauf, Projekte in der Liste zu platzieren. Holger Ihssen aus dem Brüsseler Büro der Helmholtz-Gesellschaft, versucht seit Jahren, größere Forschungsvorhaben im Bereich der Erneuerbaren auf die Beine zu stellen. Ohne Erfolg. „Da ist die Sorge groß, dass ein Marktvorteil verspielt wird, wenn zu viele an einem Problem arbeiten.“ Die Helmholtz-Gesellschaft ist mit 25.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 15 Forschungszentren die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands.

Katharina Krell von der Eurec Agency, die die europäischen Forschungszentren für erneuerbare Energien in Brüssel vertritt, will sich gar nicht dafür entschuldigen, dass sich keine Großprojekte der Erneuerbaren auf der Efris-Liste finden: „Wir haben intensiv am Efris-Prozess mitgearbeitet. Aber das sind ganz andere Dimensionen. Wir brauchen keine Milliarden. Wir sind auf kleine und flexible Strukturen angewiesen.“ Hans-Josef Fell kann das nicht nachvollziehen: „Mit der Haltung werden große Chancen vertan.“

THORSTEN DENKLER