Kolumbiens Präsident ist unfähig zum Frieden mit der Guerilla
: Uribes Offenbarungseid

Mit seiner vehement erneuerten Kriegserklärung an die Farc-Guerilla versucht Kolumbiens Staatschef Álvaro Uribe, vor allem politisch wieder in die Offensive zu kommen. Denn zu Beginn seiner zweiten Amtszeit wirkt er verbraucht: Die hochgerüstete Armee ist durch Skandale diskreditiert, und die rechten Paramilitärs sind ebenso wenig entwaffnet wie die Farc besiegt. Dennoch setzt Uribe gegenüber den Rebellen nicht auf Verhandlungen, sondern auf jene Kriegslogik, die ihn 2002 überhaupt erst an die Macht gebracht hatte. Er ist unfähig und unwillig, eine Vertrauensbasis mit jenen Kontrahenten zu entwickeln, ohne deren Zutun Kolumbien nicht befriedet werden kann.

Damit bestätigt Uribe all jene Skeptiker, die seine gemäßigte Rhetorik der letzten Monate als Taktik abgetan hatten. Denn wie so oft bei Anschlägen oder Entführungen, die den Farc in die Schuhe geschoben wurden, sind die Belege im Fall der jüngsten Autobombe dürftig. Die politische Logik weist zudem in eine ganz andere Richtung: Warum sollten die Farc ihr oberstes Ziel, einen Gefangenenaustausch, gerade dann aufs Spiel setzen, nachdem Bewegung in die starren Positionen der Gegenseite gekommen war? Nachdem Uribe angedeutet hatte, er sei zu einem Treffen mit dem Farc-Chef Tirofijo bereit und irgendwann sogar zur Einberufung einer verfassunggebenden Versammlung?

Den Urhebern des Anschlags ging es offensichtlich darum, jegliche Annäherung zwischen den Kriegsparteien zu sabotieren – speziell den Gefangenenaustausch, den nicht nur die Farc wünschen, sondern auch eine Mehrheit der Kolumbianer. Uribe hat dies geradezu lustvoll aufgegriffen, um wieder in seine Lieblingsrolle als Kriegsherr zu schlüpfen. Dabei weiß er die Bush-Regierung hinter sich. Aber auch in Washington wird der Antidrogen- und Antiguerillakrieg, den die USA dem Andenstaat aufgezwungen haben, immer mehr als Fass ohne Boden wahrgenommen. So bleibt als Hoffnung, dass sich dort die politischen Gewichte verschieben – und die zivile Linke in Kolumbien weiter an einer intelligenten Alternative zu den Militaristen auf allen Seiten arbeitet. GERHARD DILGER