Waljagd vor Island

Fischer nehmen Waljagd wieder auf. Wale schaden angeblich Fischbeständen. Touristen sagen Walreisen ab

STOCKHOLM taz/dpa ■ Fischer in Island haben am Samstag den ersten Finnwal vor der Westküste harpuniert, nachdem die Regierung den Walfang wieder erlaubt hatte. Nicht-EU-Mitglied Island hatte zu Wochenbeginn angekündigt, 30 Zwergwale und 9 Finnwale für die kommerzielle Jagd freizugeben. Das Land will in dieser Walfangsaison, die bis August 2007 geht, zudem 39 weitere Wale töten.

„Ich habe die ersten Reisestornierungen bekommen“, berichtet Heimir Hardarson, Marketingchef der Wale-Watch-Firma Nordursiglingar. Die Beobachtung der Wale von Schiffen aus hat sich in den letzten Jahren zu einem schnell wachsenden Tourismuszweig der Nordatlantikinsel entwickelt.

Fischereiminister Einar Kristinn Gudfinnsson hatte die Rückkehr zum kommerziellen Walfang nach 20-jähriger Pause mit der wieder gewachsenen Zwergwal-Populationen und dem Interesse der Fischerei-Industrie begründet. Wie der Nachbar Norwegen argumentiert Island, durch die Zwergwale könnten die Fischbestände im Nordatlantik bedroht sein. Fridrik J. Arngrímsson vom Verband der Fischereibootseigentümer geht noch weiter. „Selbst wenn man die getöteten Wale nicht an Land bringen, sondern gleich versenken würde, lohnt sich der Walfang“, so Arngrímsson. Islands Fischer verlören jährlich Fische im Wert von 150 Millionen US-Dollar – buchstäblich von den Walen weggefressen. Finnwale, die bis zu 24 Meter lang werden, stehen allerdings auf der Roten Liste der am meisten bedrohten Arten.

Die meisten Meeresbiologen halten diese Argumente für Milchmädchenrechnungen. Das eigentliche Problem der Branche heiße „Überfischung“. Der Fang von 30 der 44.000 Zwergwale werde keinen spürbaren Effekt auf die Konkurrenz zwischen Walen und Fischern haben.

Unterdessen hat die Europäische Union die Wiederaufnahme des kommerziellen Walfangs durch Island verurteilt. „Wenn die EU in dieser Frage alleine entscheiden könnte, dann würde der gesamte kommerzielle Walfang auf Dauer verboten“, erklärten die EU-Kommissare Stavros Dimas (Umwelt) und Joe Borg (Fischerei) am Freitag in Brüssel.

REINHARD WOLFF