MORDDROHUNGEN GEGEN EKIN DELIGÖZ FORDERN DEMOKRATEN HERAUS
: Ein Fall für die Polizei

Mit ihrer Aufforderung an muslimische Frauen in Deutschland, das Kopftuch abzulegen, hat die Grünen-Abgeordnete Ekin Deligöz nicht nur das übliche Lob und die erwartbare Kritik geerntet. Sie hat damit offenbar auch die Wut fundamentalistischer Medien und Prediger in der Türkei und Deutschland auf sich gezogen: Neben vielen Schmähbriefen flatterte ihr sogar eine Morddrohung ins Haus. Nun wurde sie deshalb unter Polizeischutz gestellt.

Der Vorgang ist dramatisch, wenn auch nicht völlig ungewöhnlich: Viele Politiker, die sich zu heiß umstrittenen Themen kontrovers geäußert haben, haben ähnliche Reaktionen zu spüren bekommen. Doch spätestens seit dem Mord an dem erklärten Islam-Gegner Theo van Gogh, der vor zwei Jahren auf offener Straße in Amsterdam einem Anschlag zum Opfer fiel, weiß man, dass man solche Drohungen gerade aus dem Umfeld gewaltbereiter Islamisten ernst nehmen muss. Deshalb ist es nur richtig und gut, dass sich das Präsidium des Bundestags geschlossen hinter Deligöz gestellt hat und der Abgeordneten Personenschutz angeboten wurde. Gegen die Androhung von Gewalt müssen alle Demokraten, ungeachtet ihrer sonstigen politischen Differenzen, zusammenstehen.

Natürlich ist es auch richtig, von muslimischen Organisationen und Verbänden zu fordern, dass sie mäßigend auf ihre Mitglieder einwirken sollen – ganz egal, wie sie zur Meinung von Ekin Deligöz stehen. Nur ist fraglich, ob der anonyme Autor, von dem der Drohbrief stammt, wirklich in ihrem Umfeld zu finden ist und ob muslimische Verbände oder Autoritäten auf solche Leute überhaupt irgendeinen Einfluss haben. Deshalb sollte der Fall deutschen Politikern auch nicht schon wieder Anlass für eine erneute Integrationsdebatte bieten.

So unbefriedigend es sein mag: Personenschutz ist in solchen Fällen die einzig angemessene Reaktion auf eine unklare Bedrohungssituation – und natürlich polizeiliche Ermittlungen gegen den oder diejenigen anonymen Briefschreiber, von dem die Morddrohungen stammen. Darüber hinaus muss sich die Bundesregierung aber auch an die Türkei wenden, sollte wirklich von dort aus zu einer solchen Straftat aufgerufen oder gar angestiftet worden sein. DANIEL BAX