Verdamp‘ lang

Zum endgültigen Finale der Michael-Vesper-Abschiedstour brillierte Laudator Werner Müller (RAG)

Niemals geht man so ganz, hatte Michael Vesper im taz-Gespräch versprochen. Und so dauerte der Abschied der grünen Galionsfigur aus Nordrhein-Westfalen halt etwas länger. Nach sechs Wochen voller Reden, Toasts und Interviews gab die grüne Landtagsfraktion den Schlussempfang für den einstigen Vizelandesvater. Vesper, nun Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), war so viel Dauerlob zu Kopf gestiegen: „O.k.“, sagte der 54-jährige, nachdem ein Film lief, Reden gehalten wurden und auch der Fraktionschor seinen Auftritt hatte, „Ihr habt mich überzeugt, ich bleibe!“

Mehr Lacher hatte Überraschungsredner Werner Müller auf seiner Seite. Geht dem RAG-Chef die Börsenkampagne ähnlich leicht von der Hand wie die Laudatio, sollte man schon einmal Anteile zeichnen. Vesper, verriet der Ex-Bundesminister, habe auf den Titel Generaldirektor bestanden, um seinen Bruder zu übertrumpfen: der sei nämlich nur Generalsekretär der deutschen Katholiken.

Müller hatte sich viel Arbeit gemacht, hatte nach Vesper im Register von Gerhard Schröders Memoiren gefahndet – vergeblich. Hatte Schröder und andere Mitbewohner aus Bonner Zeiten angerufen, an Sportunfälle erinnert und an grüne Regierungspraxis von 1995 bis 2005 – letztlich die ewige Wiederholung von „Regieren-Krise-Sonderparteitag“ beziehungsweise „Clement-Höhn-Sonderparteitag“.

Die Streitigkeiten um die Kohle sorgten übrigens auch für den Auftritt des 60-jährigen RAG-Bosses. Dauergenervt vom grünen Energiepolitiker Reiner Priggen, hatte Müller sich als Laudator angeboten, sollte Priggen den Landtag verlassen. Frech bat die grüne Fraktionsspitze Müller, sein Talent als Redner erst einmal zu beweisen.

Doch der Abschied geriet auch anständig wehmütig – Fraktionschefin Sylvia Löhrmann hatte es versprochen. Ein grüner Backgroundchor stützte das „Verdamp lang her“, das Vespers langjähriger persönlicher Referent zur Klampfe schmetterte. Wie bei Vesper schimmerte katholische Schulung durch und in den Schlussrefrain mischte sich Gespür für Pathos: „Danke Michael, es war ‘ne schöne Zeit!“ Bei Angestellten, Politikern, Freunden und Journalisten war Rührung zu spüren. Auch weil einer geht, der viel mehr mitnimmt als gute Wünsche. CHRISTOPH SCHURIAN