„Frauen in den Vorstand“

Das Land soll über Firmenbeteiligungen Frauen in Vorstände berufen, sagt Professorin und Unternehmerin Detmers aus Gütersloh. Morgen lädt Frauenminister Laschet Führungsfrauen ein

INTERVIEW ANNIKA JOERES

taz: Frau Detmers, hilft der Empfang der Landesregierung, die magere Quote von Chefinnen aufzustocken?

Ulrike Detmers: Es ist eine gute Idee. Das Land muss die geballte Führungsfähigkeit von Frauen sichtbar machen. Vor allem muss nach außen transportiert werden, über welche hervorragenden Qualifikationen Frauen verfügen. Zum Beispiel studieren Frauen oft erfolgreicher BWL als Männer. Aber natürlich reicht ein Empfang allein nicht aus. Die Zahl der weiblichen leitenden Angestellten liegt hier nur zwischen drei bis fünf Prozent, Deutschland ist jämmerliches Schlusslicht in Europa.

Das Land hat keinen Einfluss auf die Personalentscheidungen von Unternehmen.

Ich bereite ein Forschungsprojekt vor, dass herausarbeiten soll, wie der Bund und das Land NRW über eigene Unternehmensbeteiligungen Frauen fördern könnten. Nordrhein-Westfalen könnte zum Beispiel prüfen, inwiefern mit Landesbeteiligungen mehr Frauen in Aufsichtsräte entsandt werden könnten. Zum Beispiel in Energieunternehmen und Sparkassen. Über die entsandten Aufsichtsräte kann das Land Frauen in den Vorstand berufen. Das wird bis jetzt kaum genutzt. Das will ich erforschen.

Nun ist das Problem ja nicht neu. Trotzdem steigt die Anzahl der Chefinnen im Schneckentempo. Wieso verändert sich so wenig?

Es ist der fehlende Wille von männlichen Mentoren, Frauen nach oben zu fördern. Die berühmten Männerbünde, sie nehmen sogar tendenziell zu: Sie werden oftmals als Schild benutzt, um die immer besser qualifizierten Frauen abzuwehren. Der Weg in eine Spitzenposition ist auch von persönlicher Förderung abhängig. Männer und Frauen haben zu wenig Erfahrungen mit Chefinnen, sie sind ihnen häufig einfach fremd.

Aber auch Frauen schmieden Bünde.

Ja, natürlich gibt es Netzwerke. Diesen fehlt aber Handlungsmacht. Die historisch gewachsenen Männerbünde sind ja Entscheidungsträger in der Spitze. Weibliche Seilschaften haben längst noch nicht diese Machtfülle.

Ist denn ein weiterer Geschlechterbund überhaupt erstrebenswert? Seilschaften fördern nicht nach Kompetenz, sondern nach persönlicher Bekanntschaft.

Das ist richtig. Es gibt auch noch den dritten Weg: Den Weg allein über die Kompetenz und Aufklärung. Diesen beschreiten Frauen seit mehr als einem Jahrhundert. Aber dieser Weg allein ist eben unendlich mühevoll und langsam.

Welche Rolle spielt der Ehemann oder Partner?

Auch das ist entscheidend. Spitzenmanager leben in der Regel in der traditionellen Hausfrauen-Ehe. Sie ist Hausfrau und Mutter und fördert seine Karriere dadurch, dass sie ihn von innerhäuslichen Pflichten oder Aufgaben befreit. Hinzu kommt, dass Spitzenmanager zu Hause die klassische Rollenaufteilung erleben und sich aufgrund dessen nicht vorstellen können, dass ihnen eine Frau auf Augenhöhe im Management begegnen kann. Das ist eine Frage der Sozialisation.

Hat Ihr Mann Ihnen den Rücken frei gehalten?

Mein Mann und ich haben uns in den letzten dreißig Jahren sowohl Erziehung als auch Haushalt geteilt. Insbesondere in Situationen, in denen ich selbst unter Leistungszwang stand, hat er mir sehr geholfen. Dadurch hat er auch ganz andere Erfahrungen mit einer führungswilligen Frau gemacht.

Sie sind Mitgesellschafterin der Mestemacher-Gruppe. Wie viele Chefinnen haben Sie?

Von unseren zehn oberen Führungskräften sind drei weiblich.

Das ist im Vergleich gut, aber auch kein ausgeglichenes Verhältnis.

Das liegt auch daran, dass es auf dieser Ebene schon länger keinen Wechsel gab. Wenn Stellen neu zu besetzen sind, schauen wir erst auf die Qualifikation, dann aber auch darauf, dass unsere Arbeitsgruppen geschlechtergemischt sind. Wir haben zuletzt auf der Direktorialebene eine Stelle mit einer Frau besetzt, weil sie beste Branchenerfahrungen hat. Die Kompetenz ist weiterhin das entscheidende Kriterium.

Sie beschäftigen 426 Menschen. Wie sind ihre Erfahrungen, leiten Frauen anders?

Nein. Diese Unterscheidungen finde ich gefährlich. Die Führungsart ist eine Frage der Geisteshaltung und der Erziehung.