Arbeitslos mit Vertrag

Statt Ein-Euro-Jobber einzustellen, subventionieren Städte in NRW jetzt „richtige“ Arbeitsplätze. Allerdings höchstens für elf Monate. Kritiker halten die Jobmaschine für einen Jobkiller

VON MANFRED GÖTZKE

Auch wenn die Arbeitslosenzahl im Oktober weiter gesunken ist: Neue Jobs entstehen in NRW kaum. Während deutschlandweit die Zahl der sozialversicherten Arbeitsplätze im Vergleich zum Vorjahr um 0,7 Prozent gestiegen ist, wurden in NRW nur 0,3 Prozent mehr Arbeitsplätze geschaffen. Nordrhein-westfälische Städte wollen deshalb jetzt selbst Arbeitsplätze schaffen – und subventionieren. Vorreiter sind die Großstädte Köln, Düsseldorf und Essen.

So schließt etwa die Kölner Arbeitsverwaltung seit kurzem Arbeitsverträge mit Erwerbslosen ab, die bisher als Ein-Euro-Jobber Bürgersteige gefegt oder Parkplätze bewacht haben. Statt Hartz IV, Wohnungsgeld und einen Euro Stundenlohn bekommen sie ein monatliches Gehalt und werden sozialversichert. Mehr als 1.000 solcher Arbeitsverträge wurden in Köln bereits geschlossen. Mit etwa 1.000 Euro brutto erhalten die Langzeitarbeitslosen so keineswegs mehr Geld. Wer etwa in Köln eine größere Wohnung hat, die bisher von der Kommune bezahlt wurde, steht finanziell womöglich schlechter da, wenn er die Miete selbst zahlen muss. „Wichtig ist uns aber die psychologische Wirkung. Wenn die Menschen einen richtigen Arbeitsplatz haben, können sie sich besser an die Realbedingungen anpassen“, sagt die Kölner Sozialdezernentin Marlies Bredehorst (Grüne).

Sie hofft, dass die subventionierten Stellen zu echten werden. So wurden etwa zusätzliche Hausmeister bei der städtischen Wohnungsgesellschaft GAG eingestellt. „Wenn das gut läuft, will die GAG die Löhne demnächst zahlen“, so Bredehorst. Spätestens nach elf Monaten muss sie das auch, wenn sie die Hausmeister behalten will – denn länger zahlt die Arbeitsverwaltung nicht. Die Arbeitsverträge laufen spätestens nach elf Monaten aus, damit die Angestellten keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld-I erhalten.

Die Dienstleistungs-Gewerkschaft Verdi hält die städtische Jobmaschine für Augenwischerei. Prinzipiell seien die neuen Verträge nichts anderes als die alten Ein-Euro-Jobs. Richtige Arbeitsplätze könnten auch dadurch nicht entstehen. „Was da mit den Leuten gemacht wird, ist unmenschlich“, sagt Verdi-Sprecher Günter Isemeyer. „Die arbeiten ein paar Monate irgendwo, werden wieder arbeitslos, kriegen dann vielleicht wieder einen Ein-Euro-Job“.

Ein-Euro-Jobs und subventionierte Arbeitsverträge könnten die Entstehung neuer Arbeitsplätze sogar verhindern, befürchtet der Berufsverband für soziale Arbeit. „Gibt es neue gesellschaftliche Bedürfnisse, werden heute keine Arbeitsplätze geschaffen, sondern billige Ein-Euro-Jobber eingestellt“, sagt Sprecher Wilfried Nodes. Als Beispiel nennt er den Ausbau der Ganztagsbetreuung in Schulen und Kindergärten. In vielen Einrichtungen kochten nicht etwa Köche das Mittagessen, sondern Ein-Euro-Jobber. In Ganztagskindergärten würden Ein-Euro-Jobber sogar statt zusätzlicher Erzieherinnen eingestellt. „Wenn der Staat neue gesellschaftliche Bedürfnisse definiert, muss er entsprechend qualifizierte Leute anstellen.“ Arbeitslose für elf Monate auf diesen Stellen zu parken sei der falsche Weg.