Zum Abschluss gibt es Opposition

Am Ende seiner Zentralasienreise besucht Außenminister Steinmeier Kirgisien. Anders als in den Ländern zuvor gibt es dort eine Opposition, die den Staatschef stürzen möchte

Seit dem Umsturz im März 2005 hangelt sich das Land von Krise zu Krise

BERLIN taz ■ Zum Abschluss seiner Zentralasienreise stand für Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier am gestrigen Freitagabend der Weiterflug nach Kirgisien auf dem Programm. Auf der Reise zwischen Kaspischen Meer und chinesischer Grenze stand damit für Steinmeier eine neue Erfahrung auf der Tagesordnung, denn in den zuvor bereisten Staaten Zentralasiens herrscht politische Totenstille. Nicht so in Kirgisien, das sich seit dem Machtumsturz im März 2005 von einer politischen Krise zur nächsten hangelt. In dem bettelarmen Gebirgsland an der chinesischen Grenze geht es hoch her. Vor dem Amtsitz des kirgisischen Präsidenten Kurmanbek Bakijew sind Zelte aufgeschlagen. Gestern mobilisierte die Opposition 10.000 Menschen auf den zentralen Platz der Hauptstadt Bischkek.

Die Bewegung gegen den kirgisischen Präsidenten setzt sich vor allem aus aufmüpfigen Abgeordneten des kirgisischen Parlaments und ehemaligen Weggefährden des Präsidenten zusammen, die sich von Bakijew betrogen fühlen.

Die Opposition fordert eine Verfassungsreform oder den Rücktritt des Präsidenten und des Premierministers Felix Kulow. Nach dem Willen der Opposition sollen die Rechte des Parlaments gestärkt werden und das Land eine parlamentarische Regierungsform erhalten. Am 6. November will der Präsident seinen Verfassungsvorschlag dem Parlament zur Abstimmung vorlegen.

Bakijew hat im Vorfeld erklärt, dass er die präsidiale Staatsform mit einer starken Exekutive bevorzugt. Doch die Opposition misstraut Bakijew. Vor allem sorgen die angeblichen Geschäfte der Familienmitglieder der Präsidenten für Empörung in der kirgisischen Öffentlichkeit, die sich die Opposition zunutze macht. Im September wurde einer der Führer der Opposition, Omurbek Tekenbajew, in Warschau verhaftet, da der kirgisische Geheimdienst dem Politiker eine Puppe untergejubelt hatte, die mit Heroin gefüllt war. Gleichzeitig hatten die kirgisischen Behörden über Interpol den Politiker als gefährlichen Islamisten bei den polnischen Behörden angeschwärzt. Die Intrige flog auf und Tekebajew konnte unbeschadet wieder in sein Land zurückkehren, aber das Vertrauen zwischen Opposition und Regierung war damit endgültig dahin. Zumal einer der Brüder des Präsidenten, der einen Posten im kirgisischen Geheimdienst bekleidete, wohl hinter der Affäre stand und zurücktreten musste.

Die Opposition hat die am 2. November begonnenen Demonstrationen nun zur endgültigen Machtprobe mit dem Präsidenten erklärt. Einige hundert Protestler haben die erste Nacht auf dem Platz ausgeharrt.

Am Donnerstag gingen die Demonstrationen mit knapp 1.000 Teilnehmern weiter. Die Regierung wirft der Opposition vor, einen Staatsstreich geplant zu haben, und verweist auf ein mitgeschnittenes Tondokument. Darauf ist zu hören, wie die Organisatoren der Proteste über die Notwendigkeit diskutieren, Amtsgebäude, Fernsehstationen und Amtssitze in den Provinzen zu stürmen. Kulow droht den Oppositionspolitikern mit juristischen Konsequenzen, während Spezialeinheiten wichtige Gebäude in Bischkek schützen. Die Opposition zieht jedoch die Echtheit des Tondokuments in Zweifel. Kulow hat mit Bakijew immer eine Rivalität gepflegt, doch jetzt hat er sich anscheinend ganz auf die Seite des Präsidenten geschlagen.MARKUS BENSMANN

meinung und diskussion SEITE 11