BEIM SAISONFINALE LIEGEN ÜBERALL DIE NERVEN BLANK
: „Fuck me, that was loud“

Die rätselhafte Welt des Sports

ACHIM BOGDAHN

Es geht auf den letzten Spieltag zu. Praktisch überall. Und alle drehen durch. In Italien hat Torwarttrainer Beppe Zinetti beim 2:1-Sieg in der Nachspielzeit seines FC Turin gegen Genua derart enthusiastisch gejubelt, dass ihm die Achillessehne riss. Die Stimmung in der Kabine sei „sehr gedrückt“ gewesen, ließ der Verein verlautbaren.

In Brasilien sah Felipe, der übermotivierte Torwart vom America FC in der zweiten Liga nach sieben Sekunden Rot wegen einer Notbremse. Damit konnte er aber nicht den Rekord eines walisischen Fußballers brechen: Der Amateurfußballer Lee Todd ist dort mal nach nur zwei Sekunden (!) mit Rot vom Platz geflogen. Weil der Schiedsrichter beim Anstoß brutal laut in seine Pfeife getrillert hatte, meinte der direkt daneben stehende Todd nur: „Fuck me, that was loud!“ Auch in England liegen die Nerven blank. Vom FC Liverpool und seinen drei späten Gegentoren zum 3:3 in Crystal Palace beim totalen Crystal Mess mal abgesehen. In Fulham konnte nicht mal „Quälix“ Magath den Abstieg verhindern, obwohl ja schon dessen Frankfurter Ex-Spieler Jan-Aage Fjörtoft wusste: „Die ‚Titanic‘ hätte Felix Magath vermutlich auch nicht retten können, aber die Überlebenden wären topfit gewesen.“ So geht Fulham topfit in die zweite Liga, denn nun heißt es wie einst auf der „Titanic“ tatsächlich „Time to say goodbye“.

Schuld am Abstieg ist aber nicht Magath, sondern Michael Jackson beziehungsweise dass der „King Of Pop“ nicht mehr da ist. Der Ex-Besitzer des Klubs, Mohamed Al Fayed, hatte einst die 2,50 Meter große Bronzestatue hinter der Hammersmith-Tribüne errichten lassen – zur Erinnerung an einen Besuch von Michael Jackson beim Spiel Fulham gegen Wigan im Jahr 1999. Der neue Klubbesitzer Shahid Khan hatte das Denkmal entfernen lassen („Ist doch nur eine Lachnummer“). Vorbesitzer Al Fayed sagte nun verbittert: „Er (Khan) hat damit das Glück des Vereins entfernt, jetzt müssen wir alle den Preis dafür bezahlen.“ Beat it!

Mehr Harmonie gibt es in Liechtenstein. Dort hat gerade der FC Vaduz mit 14 Punkten Vorsprung die Zweitligameisterschaft sicher und steigt in die erste Liga der Schweiz auf. Die „zahlreich erschienenen Fans verwandelten das Rheinparkstadion in ein Tollhaus“, schreibt das Liechtensteiner Vaterland. Ähem: 2.700 Zuschauer waren dort. In Luxemburg geht Düdelingen mit zwei Punkten Vorsprung auf die Zielgerade, Rümelingen wird wohl absteigen, und von den Didel-Dödel-Düdelingern soll sich mal keiner für seine Leistung rümelingen.

Dramatik auch in der Unibank Premyer Ligasi in Aserbaidschan! Raval Baku steigt wohl ab, Azal Baku würde in diesem Fall erstklassig bleiben, der FK Baku träumt noch von der Europa League und Inter Baku und Neftci Baku wollen noch Meister werden. Wenn da nur nicht Tabellenführer Qarabag Agdam ware (wieso dürfen die überhaupt mitspielen?). Wie gut zu wissen, dass aus der zweiten Liga Neftcala Baku und FK Susa Baku nachrücken, dann muss Nationaltrainer Berti Vogts bei den Spielbeobachtungen auch nicht so weit reisen. Ach ja, und dann ist da noch die Bundesliga. Der HSV steigt angeblich ab (komisch, die haben doch den fünfthöchsten Etat der Liga), aber Trainerin Marietta Slomka wird schon noch ein Dreh einfallen, wie man bis Samstag Rafael van der Vaart bei den Weight Watchers fit macht, Lasogga wenigstens als Jogger aufs Feld schickt, und Uwe Seeler wird seinen Westfalia-Werbe-Hammer auspacken („Das ist der Hammer, Jungs!“), denn sonst rotieren im klubeigenen Friedhof die Särge mit der Raute. Im schlimmsten Fall muss sich der Hamburger SV hier vom Spielbetrieb ab- und in Aserbaidschan unter falschem Namen (Baku SV?) anmelden, dann ist wenigstens der Champions-League-Platz für nächstes Jahr gesichert.