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Die US-Server von Amazon verweigern nun Wikileaks ihre Dienste. Aufruf zum Boykott

WASHINGTON taz | Die USA haben Wikileaks den Zugang zu ihrem bisherigen US-Server versperrt. „Wikileaks von Amazon-Server verdrängt“, twitterte die Plattform am Mittwoch. Auf politischen Druck hatte das Unternehmen Wikileaks den Saft abgedreht und die Dokumente von seinen Servern verbannt.

Darauf hatte der Vorsitzende des Senatskomitees für Heimatschutz, Joe Liebermann, gedrängt. Der den Demokraten nahe stehende, parteilose Politiker lobte die Entscheidung von Amazon. Wikileaks verurteilte den Schritt als Angriff auf die Meinungsfreiheit. Im Internet wurden kurz darauf Aufrufe zum Boykott des Onlinehändlers laut. Sowohl in den USA als auch in Europa kündigten Internetnutzer an, nicht mehr bei Amazon einzukaufen.

Unterdessen leitete die Regierung in Washington weitere Schritte zur Sicherung geheimer Daten ein. Sie ernannte dafür einen Sonderbeauftragten. Der Vizedirektor des Zentrums für Antiterrormaßnahmen, Russell Travers, soll „notwendige Strukturreformen entwickeln“, um die Datenbanken sicherer zu machen. Das Weiße Haus will zudem überprüfen lassen, wie die gesamte Regierung Informationen austauscht und schützt.

Seit Anfang der 1990er Jahre nutzen US-Regierungsmitarbeiter und Diplomaten dafür das Secret Internet Protocol Router Network (SIPRNet). In diesem geheimen Netzwerk wurden bislang Dokumente des Außen- und Verteidigungsministeriums bis zur zweithöchsten Geheimhaltungsstufe transportiert. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 wurde der Kreis der Nutzer auf rund 2,5 Millionen erweitert, um zur Terrorprävention einen besseren Informationsfluss zu haben. Ein Topdiplomat hatte seitdem auf SIPRNet ebensolchen Zugang wie etwa der 23-jährige US-Soldat Bradley Manning im Irak, der für die Weitergabe der rund 260.000 Internetdepeschen an Wikileaks verantwortlich gemacht wird.

In einem ersten Schritt hatte die US-Regierung gleich nach Veröffentlichung der ersten diplomatischen Nachrichten den Nutzerkreis des Netzwerks eingeengt. Datenschutzexperten halten es für verwunderlich, dass es so lange gedauert hat, bis erste Informationen aus einem Personenkreis von rund zweieinhalb Millionen Nutzern nach außen gelangt sind. ANTJE PASSENHEIM