Gegen die Zahlungsverweigerer

GASPREISE Bundesverband der Verbraucherzentralen kämpft um ein Grundsatzurteil, das die SWB zur Rückzahlung ihrer zu Unrecht gestellten Gasrechnungen verpflichtet

„Wo sind sonst die Anreize für transparente Preisgestaltung?“

Rechtsanwalt Michael Peter

VON ARMIN SIMON

In die juristische Aufarbeitung des Bremer Gaspreis-Streits schaltet sich nun sogar der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) ein. Grund ist die Weigerung der SWB, überhöhte Gasrechnungen zurückzuerstatten. Im Namen von einem Dutzend SWB-KundInnen hat der Verband eine Musterklage eingereicht. Verhandlung ist am Freitag vor dem Bremer Landgericht. Laut Bundesgerichtshof waren die Gaspreiserhöhungen der SWB von Oktober 2004 bis November 2009 unzulässig. Kunden, die ihr Geld zurückverlangen, bescheidet die SWB, sie sei nicht zu Rückzahlungen verpflichtet.

Mit der Musterklage wolle man nun „eindeutig klären, dass eine Rückzahlungspflicht besteht“, erläutert VZBV-Rechtsanwalt Michael Peter. Dafür werde man zur Not erneut bis vor den Bundesgerichtshof ziehen.

SWB-Vorstand Torsten Köhne warf dem VZBV vor, es gehe ihm nicht um Preisgerechtigkeit, sondern „lediglich um die Geltendmachung einer formalen Rechtsposition“. Peter wies dies zurück. Die SWB habe ihre Preise damals unter Missachtung der gesetzlichen Regeln erhöht, nun müsse sie auch die Konsequenzen tragen, argumentiert er: „Wo sind sonst die Anreize für Unternehmen, für eine transparente Preisgestaltung zu sorgen?“

Das Bremer Amtsgericht hat nach eigenen Angaben über 200 Einzelklagen von SWB-KundInnen vorliegen. Alle bisherigen Verfahren endeten mit einem Vergleich: Die KlägerInnen erhielten zumindest einen Teil ihres zu viel gezahlten Geldes zurück. Allerdings insistiert die SWB inzwischen darauf, zum 30.  September 2006 neue Verträge zu höheren Preisen abgeschlossen zu haben. Das reduziert die Rückzahlungen erheblich.

Der VZBV will durch das Landgericht nun klarstellen lassen, dass es sich 2006 nur um eine „Vertragsumstellung“ gehandelt habe – bis vor wenigen Wochen sah dies auch die SWB noch so. In diesem Fall müsste, wie in den ersten Verfahren vor dem Amtsgericht, der niedrigere Gaspreis von September 2004 zugrundegelegt werden. Amtsrichter Heinrich Auffahrt kündigte an, die Haltung des Landgerichts dazu in seinen künftigen Verhandlungen zu berücksichtigen.

Eine allgemeine Rückzahlung der zu viel kassierten Beträge lehnt die SWB weiter ab. Die Rückforderungen seien „nicht gerechtfertigt“, man habe stets „nur die eigenen Bezugskostenänderungen“ weitergegeben, unterstreicht Köhne. Peter lässt das nicht gelten: Bei einer Preiskalkulation spiele nicht nur der Einkaufspreis eine Rolle.

Solange die SWB nicht freiwillig zahlt, bleibt ihren GaskundInnen – unabhängig vom Ausgang der Musterklage – nur der eigene Gang vors Amtsgericht. Die Zeit spielt dabei für die SWB: Zum 31. 12. verjähren alle Ansprüche aus Gaslieferungen, die im Jahr 2007 schlussabgerechnet wurden. Die Verbraucherzentrale rät daher, noch dieses Jahr Klage einzureichen. Eine vorformulierte Klageschrift bietet sie im Internet an. Mittelfristig will sie für einen gerichtsentlastenden kollektiven Rechtsschutz streiten.