Wilhelm Tacke empfiehlt
: Russisch-orthodoxer Kirchenchor

„Alle Jahre wieder kommt“ nicht nur das im Lied besungene „Christuskind“, sondern seit dem Zusammenbruch des Kommunismus auch mit schöner Regelmäßigkeit der Chor der russisch-orthodoxen Tichwinskaja Kirche aus Moskau. Augenblicklich singt er sich durch Bremens Kirchen und gibt am Donnerstag eine weitere Probe seines Könnens. Der Chor besteht zwar nicht, wie gelegentlich angekündigt, aus „Mönchen“, wohl aber aus Männern, die zur Ehre Gottes bei den Gottesdiensten in ihrer ehrwürdigen alten Klosterkirche aus dem Jahr 1698 ihre Stimmen gewaltig erheben. Der Gesang der russisch-orthodoxen Kirche hat für westliche Ohren einen größeren Reiz als der byzantinische mit seinen vielen Halb- und Vierteltönen. Peter der Große drehte nämlich nicht nur die Köpfe seiner Bojaren gen Westen, nachdem er ihnen die Bärte abgeschnitten hatte, nein, er ließ auch Kirchen von westlichen Baumeistern bauen und seinen Kirchenmusikern westliche Flötentöne beibringen. So entstand eine gelungene Synthese aus monofoner orthodoxer Kirchenmusik und westlicher Mehrstimmigkeit. Und noch etwas beschwingt die Schritte der Hanseaten: Man genießt und tut gleichzeitig Gutes. Denn natürlich schielen die Kirchensänger auf die vorweihnachtlich weiter geöffneten Geldbeutel der Hanseaten, um ihr Gotteshaus, das 1934 unter Stalin zur Metallfabrik umfunktioniert wurde, wieder auf Vordermann zu bringen. Jeder Euro für den Chor hilft, die Kirche wieder im alten Glanz erstrahlen zu lassen und den 90 Jahre lang unterdrückten Christen wieder eine Heimat im Moskauer Moloch zu geben. Dafür bekommt der hanseatische Spender mitreißende A-cappella-Musik. Nur wer auf „Kalinka“ wartet, wird enttäuscht. Darauf muss man – leider (?) – verzichten.

Donnerstag, 19 Uhr, Kapelle des St.-Joseph-Stifts