Beschneidung wird ein deutsches Thema

Die Grünen fordern zum „Tag gegen Gewalt an Frauen“ bessere Aufklärung von Ärzten über Genitalverstümmelung

BERLIN taz ■ Mit der zunehmenden Zahl von afrikanischen Migrantinnen in Deutschland müssen sich auch Frauenärzte hierzulande mit dem Thema Genitalverstümmelung auseinandersetzen. In einem Antrag an den Bundestag zum morgigen „Tag gegen Gewalt an Frauen“ fordern die Grünen deshalb bessere Aufklärung für die Mediziner.

Das Problem: „Viele Ärztinnen und Ärzte werden erst dann mit weiblicher Genitalverstümmelung konfrontiert, wenn betroffene Patientinnen in ihre Praxis kommen“, sagte Irmingard Schewe-Gerigk, die frauenpolitische Sprecherin der Grünen, gestern in Berlin. Ein erster Schritt, dem abzuhelfen, seien die „Empfehlungen zum Umgang mit Patientinnen nach weiblicher Genitalverstümmelung“ der Bundesärztekammer vom Februar 2006. „Uns war vor allem wichtig, klarzustellen: Weibliche Beschneidung ist in Deutschland verboten, auch wenn eine Einwilligung der Patientin vorliegt“, sagte Cornelia Goesmann, Vizepräsidentin der Bundesärztekammer, der taz. „Wir klären die Frauen gründlich auf, und zwar so, dass wir ihr Selbstbild nicht verletzen.“ Wichtig sei außerdem die Prävention für die neugeborenen Töchter. Nach Schätzungen des Statistischen Bundesamtes und der Frauenrechtsorganisation Terres des Femmes sind in Deutschland etwa 30.000 Frauen und Mädchen von Genitalverstümmelung betroffen oder bedroht.

In einer Umfrage von Terre des Femmes, Unicef und dem Berufsverband der Frauenärzte wünschen sich knapp 90 Prozent der befragten Gynäkologen, dass das Thema Beschneidung bei Frauen im Rahmen von Fortbildungen behandelt wird.

10 Prozent der Befragten gaben an, „von illegal in Deutschland vorgenommener Verstümmelung gehört zu haben“. Vieles deute darauf hin, so Schewe-Gerigk, dass daran teilweise auch medizinisches Personal beteiligt ist. Bis heute gibt es in Deutschland keine gerichtliche Verurteilung wegen Genitalverstümmelung – in mehreren Fällen musste das staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren aus Mangel an Beweisen eingestellt werden.

Der Grünen-Antrag sieht außerdem vor, die Genitalverstümmelung als Straftatbestand der schweren Körperverletzung ins Strafgesetzbuch aufzunehmen. Zudem fordern die Grünen, dass Länder, in denen Beschneidung droht, weder durch deutsche Behörden noch durch die Europäische Union als „sichere Herkunftsländer“ eingestuft werden. In Deutschland gilt seit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes 2005 drohende Genitalverstümmelung als eigenständiger Asylgrund.

MARTIN LANGEDER