Umgang mit Obdachlosen nicht zeitgemäß

SOZIALES Der Zustand vieler Obdachlosenheime wird nicht überprüft, berichtete die taz. PolitikerInnen aus dem Abgeordnetenhaus fordern neue Leitlinien – und eine bessere personelle Ausstattung der Bezirke

Nach Berichten der taz über miserable Zustände und fehlende Kontrollen in Obdachlosenunterkünften fordern Sozialpolitiker der Opposition eine bessere Koordination der Hilfe.

Ülker Radziwill, sozialpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, sagte, es sei eine Aufgabe der Bezirke, genauer hinzuschauen – nicht nur auf die Zustände in den Heimen, sondern auch, „was das überhaupt für Einrichtungen sind, wer sie betreibt“. Es sei aber klar, dass die Bezirke dazu auch mehr Unterstützung bräuchten. Insbesondere sei dazu eine bessere Abstimmung zwischen Bezirken und Senat nötig.

Die taz hatte berichtet, dass Obdachlosenunterkünfte meist privater Träger in einigen Bezirken mangels Personal gar nicht überprüft werden – und die Zustände teils unhaltbar sind.

Deshalb sei es wichtig, weniger Menschen nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) unterzubringen und mehr Plätze zu schaffen, wo die Menschen tatsächlich betreut und begleitet werden, selbst wieder eine Wohnung zu finden, sagte Radziwill. Das müsse jedoch die neue Leitlinie zur Wohnungslosenpolitik regeln, auf die Sozialpolitiker seit Jahren warteten.

Die derzeitige Leitlinie stammt noch aus dem Jahr 1999. Der Senat wollte im Frühjahr 2014 einen Entwurf vorlegen, hat dies jedoch auf 2015 verschoben. Allerdings steht bereits in der gültigen Leitlinie, dass der Erhalt von Wohnungen und individuelle Hilfen Vorrang haben sollen vor einer reinen Unterbringung.

Veränderte Verhältnisse

Elke Heidenreich, sozialpolitische Sprecherin der Linken, fordert ebenfalls mehr betreute Einrichtungen und Wohnungen im geschützten Marktsegment. „Davon gibt es in vielen Bezirken keine einzige mehr.“ Zudem müsse die Neuausrichtung der Politik auch Veränderungen bei den Wohnungslosen berücksichtigen: „Wir haben in den letzten Jahren viel mehr Frauen, die ihre Unterkunft verlieren, in Berlin gibt es jedoch nur ein einziges Heim für Frauen.“ Zudem kämen immer mehr Familien, teils auch außerhalb von Deutschland, die in Berlin auf der Straße lebten. Insbesondere für Familien mit Kindern sei eine Unterbringung in Asog-Heimen bedenklich. „Wir haben seit Jahren steigende Zahlen von Wohnungslosen“, so Heidenreich. „Der Senat hat da einfach lange geschlafen.“

Martin Beck von den Grünen sieht wenig Bewegung auf Seiten der Politik. Es gebe eigentlich ein gutes Hilfesystem in Berlin – allerdings mangele es an der Umsetzung und Koordination. So seien in der zentralen Fachverwaltung in den letzten Jahren immer mehr Stellen abgebaut worden. Dabei könne die Situation dieser kleinen Gruppe mit relativ wenig Geld enorm verbessert werden. JULIANE SCHUMACHER