Nicht nur Zeit ist Geld

GESCHÄFTSREISEN Ihre Bedeutung wird unterschätzt: Wer sie gut vorbereitet und begleitet, erzielt nicht nur den anvisierten geschäftlichen Erfolg, sondern bindet auch Fachkräfte

Vermeintliche Schnäppchen im Flugverkehr können zur Kostenfalle werden

VON LARS KLAASSEN

„Schnürsenkel – davon sollte man immer Ersatz dabei haben!“ Thorsten Kramer* hat in den vergangenen Jahren viele Geschäftsreisen unternommen und dabei gelernt, dass es manchmal die kleinen Details sind, die größere Unannehmlichkeiten verursachen können. „Sie bekommen in jedem guten Hotel Rasierzeug oder Zugang zu einem Rechner. Aber Schnürsenkel? Fehlanzeige. Ich musste einmal einen Hotelangestellten fragen, ob er mir seine gibt – seitdem sorge ich vor.“ Ob eine dienstliche Reise im Endeffekt als Erfolg verbucht werden kann, hängt vom konkreten Geschäft und den Akteuren ab. Wie effizient hingegen solche Einsätze sind, lässt sich unabhängig von den Inhalten und Zielen durch gutes Management steuern. Dabei sind die Reisenden selbst, aber auch die Unternehmensleitung gefordert.

Ob bei Geschäftsreisen tatsächlich effizient agiert wird, ist wirtschaftlich betrachtet ein erheblicher Faktor. Rund 164 Millionen Mal haben deutsche Unternehmen 2011 ihre Mitarbeiter laut Deutschem ReiseVerband (DRV) auf dienstliche Exkursion geschickt. Dass sich diese Einsätze rentieren, hat wiederum eine Studie von Oxford Economics ergeben: „Die getätigten Reiseausgaben erbringen durchschnittlich den zehnfachen Ertrag.“ Doch es ginge noch besser, denn „die meisten Unternehmen achten vorrangig darauf, möglichst günstig einzukaufen und Kosten einzusparen“, so die Studie, „berücksichtigen dabei jedoch nicht, inwieweit sich dies auf die Produktivität ihrer reisenden Mitarbeiter auswirkt.“

Ein meist unterschätzter Kosten- und Stressfaktor ist Zeitverlust, der schnell entsteht, wenn professionelles Geschäftsreisemanagement fehlt. So gehören Probleme bei der Orientierung vor Ort und lange Fahrtzeiten, zum Beispiel vom meist weit außerhalb der Stadt gelegenen Flughafen zum Zielort, laut DRV zu den häufigsten Zeitfressern auf Geschäftsreisen: „Auf das Jahr hochgerechnet verlieren die Unternehmen dadurch mehr als 130 Millionen Stunden Arbeitszeit.“ Viele Unternehmen richten ihren Blick zudem zu sehr auf die direkten Kosten einer Geschäftsreise. Sie vernachlässigen dabei, dass indirekte Kosten in die Höhe schnellen, wenn die Prozesse der Reiseplanung und -organisation nicht optimiert sind. Ein solch mangelhaftes Geschäftsreisemanagement verursacht laut DRV deutschen Unternehmen „einen finanziellen Schaden, der in die Milliarden geht“.

Auch vermeintliche Schnäppchen im Flugverkehr können sich als Kostenfalle erweisen. Dies ergab die Studie „Chefsache Business Travel 2014“ der Travel Management Companies im DRV. Nahezu die Hälfte der Geschäftsreisenden hat der Studie zufolge schon erfahren, dass sich scheinbar günstige Low-Cost-Flüge nicht immer lohnen: Je nach Anbieter fallen zum Beispiel Extrakosten für Sitzplatzreservierungen oder aufgegebenes Gepäck an. Bei einigen Airlines sind auch Umbuchungen oder Namensänderungen kostspielig. Deshalb sagen laut DRV-Studie 40 Prozent der Geschäftsreisenden, dass sie mit Linienfluggesellschaften letztendlich günstiger unterwegs sind – ein überraschendes Ergebnis, wenn man bedenkt, dass Low-Cost-Anbieter vor allem mit dem niedrigen Preis werben.

Auch in anderen wichtigen Kriterien sind viele Geschäftsreisende von Linienfluggesellschaften überzeugter, wie die DRV-Studie zeigt: Sie beklagen sich bei den Billigfliegern unter anderem häufiger über Verspätungen, Überbuchungen und unfreundliches Personal. „Low-Cost-Airlines können durchaus eine Alternative auch für Geschäftsreisen sein“, sagt Stefan Vorndran, Vorsitzender des Ausschusses Business Travel im DRV. „Doch das Unternehmen muss die gesamten Reisekosten sehr genau prüfen und abwägen, ob der Preis den geringeren Service und den höheren Stress rechtfertigt.“ Diese beiden Aspekte sind nicht allein für die Geschäftsreisenden selbst relevant, sondern auch für das Unternehmen ein wichtiger Faktor. Denn – auch dies hat die Studie „Chefsache Business Travel 2014“ ergeben: „Gutes Reisemanagement bindet Fachkräfte“.

Je besser ein Unternehmen seine Mitarbeiter bei Geschäftsreisen unterstützt, desto attraktiver ist es als Arbeitgeber. Diese Ansicht vertreten sieben von zehn befragten Geschäftsreisenden. Jeder fünfte sagt sogar, professionelles Reisemanagement spiele für die Arbeitgeberattraktivität eine sehr große Rolle. Die Studie zeigt allerdings auch, dass vielen Unternehmen dieser Zusammenhang nicht bewusst ist: So geben 45 Prozent der Geschäftsreisenden an, bei unvorhergesehenen Problemen auf sich allein gestellt zu sein. Dabei sind es gerade die gesuchten Fachkräfte, deren Fehlen in vielen Branchen beklagt wird, die im Job oft unterwegs sind.

„Unternehmen haben eine Fürsorgepflicht, aber es sollte nicht nur um die Pflichterfüllung gehen“, sagt Vorndran. „Wenn Arbeitgeber ihre Mitarbeiter vor und während der Reise umfassend unterstützen und es für Problemsituationen Ansprechpartner gibt, grenzen sie sich damit positiv von anderen Unternehmen ab.“ Wer Mitarbeiter auf Reisen schickt, sollte zum Beispiel dafür sorgen, dass sie tagesaktuell über Ereignisse informiert werden, die die Reise beeinträchtigen können, etwa Streiks oder Extremwetter. 96 Prozent der Geschäftsreisenden wünschen sich dies laut DRV-Studie.

Doch nur jeder zweite gibt an, dass sein Arbeitgeber dies leistet. Alle anderen müssen sich eigenständig informieren und können sich somit nicht hundertprozentig auf die Vorbereitung der Auswärtstermine konzentrieren. Zudem geben 45 Prozent der Reisenden an, bei Krisen und unvorhergesehenen Problemen vor Ort auf sich allein gestellt zu sein. Sie müssen zum Beispiel selbst Ersatzverbindungen suchen und umbuchen.

Andere Dinge kann aber auch ein gut organisiertes Unternehmen seinen Geschäftsreisenden nicht abnehmen. „Bei Fernreisen im Flugzeug buche ich rechtzeitig einen Fensterplatz, um ungestört schlafen zu können“, sagt Kramer. „Wichtig sind dann aber auch die Schlafmaske und Ohropax.“

Doch wo genießt man die größte Beinfreiheit und wie vermeidet man das Getümmel in der Nähe der Waschräume? Einen genauen Überblick, wo sich im Flugzeug die besten Plätze befinden, verschafft schon vor dem Check-in die Webseite www.seatguru.com. Wer ausgeruht zum Geschäftstermin kommen will, sollte zudem im Hotelzimmer gut schlafen. Dabei gilt, was auch zu Hause beachtet werden sollte: Genug Frischluft und eine Raumtemperatur von 16 bis 18 Grad sind ideal. Computer, Fernseher und Unordnung hingegen sind nicht gerade schlaffördernd. Auch schweres Essen und Alkohol sollten vermieden werden. Beides stört den gesunden Schlaf. Ein Spaziergang am Abend wiederum reduziert Schlafprobleme.

Die Geschäftsreise ist aber auch dann noch nicht vorbei, wenn man wieder im eigenen Büro sitzt. „Dann steht nämlich noch die Reisekostenabrechung an – und ist anstrengender als der ganze Trip davor“, sagt Kramer und lacht.

* Name von der Redaktion geändert