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: KATHARINA HEIMEIER über ein umstrittenes Kriegsspiel mit Wasserpistolen in Köln

Sven Norenkemper kennt sich aus mit dem Einfluss von Computerspielen auf die Gewaltbereitschaft von Jugendlichen. Er hat in Köln angewandte Sozialwissenschaften studiert und seine Diplomarbeit über virtuelle Zweitexistenzen in Online-Spielen geschrieben. Jetzt ist der 33-Jährige selber Initiator eines Kriegsspiels. So nennen es zumindest Kritiker. Er selbst spricht lieber von einem Agentenspiel.

„Streetwars Cologne“ heißt das Spiel offiziell. Eine Kölner Lokalzeitung titelte prompt „Der ,Straßenkrieg‘ erreicht Köln“. Dabei erinnert das Spiel eigentlich eher an ein harmloses Räuber-und-Gendarm-Spiel aus Kindertagen. Jeder Teilnehmer bekommt zum Spielstart einen Briefumschlag mit Namen, Adresse und Foto seiner Zielperson. Diese muss er beschatten, verfolgen und ausschalten. Aber auch er selbst ist Gejagter. Denn ein anderer Teilnehmer ist auf ihn angesetzt. Zugelassen ist beim Kampf auf Kölns Straßen nur eine Waffe: eine neonfarbene Wasserspritzpistole.

200 Kölner könnten sich Anfang nächsten Jahres damit durch die Stadt jagen, hofft Organisator Norenkemper. Ihr Einsatz: 35 Euro. Bisher haben sich 25 Spieler angemeldet. Sie finden auf der Homepage von Streetwars erste Tipps. „Beschatte Deine Zielperson unauffällig, verkleide Dich als Postbote oder warte in einer dunklen Ecke auf den richtigen Moment“, heißt es da etwa. Auch eine Verkleidung als Pizzabote könnte gut funktionieren, glaubt Norenkemper.

Tabu sind allerdings Arbeitsplatz oder Uni, öffentliche Verkehrsmittel und fahrende Autos, Motorräder oder Fahrräder. In strittigen Fällen wird ein Duell organisiert. Sicherheit geht für die Veranstalter vor. Doch die Kritiker sind schon alarmiert, bevor die erste Wasserpistole geladen wurde. Die Stadt Köln prüft, ob das Spiel die öffentliche Sicherheit oder Ordnung beeinträchtigt und verboten werden sollte. Bei einem Radiosender, der über Streetwars berichtet hat, meldeten sich empörte Anrufer. Manche von ihnen sollen das Spiel als „pervers“ beschimpft haben.

Auch die Kölner Polizei ist höchst beunruhigt. Nach dem Amoklauf von Emsdetten vor gut einer Woche sei so ein Spiel „eine ganz schlechte Darstellung von Gewalt“, sagt Sprecher Wolfgang Baldes. Und: „Die Stadt Köln ist kein offizieller Austragungsort für Kriegsspiele.“ Was, wenn ein Jäger oder Gejagter bei einer Verfolgungsjagd ohne zu gucken über die Straße läuft, fragt er. Organisator Norenkemper erwartet allerdings keine riskanten Verfolgungsjagden quer durch die Stadt. „Wenn der Jäger sein Opfer gefunden hat, geht das sehr schnell.“ Höchstens das Fotohandy werde dann vielleicht noch gezückt, glaubt er.

Parallelen zu Emsdetten will er nicht ziehen. „Ein Vergleich zwischen Erwachsenen, die mit Kinderspielzeug durch die Gegend rennen und einem Amoklauf erschließt sich mir nicht“, sagt er. Der Entscheidung der Stadt sieht er „relativ entspannt“ entgegen. Auch in den anderen Spielstädten habe es im Vorfeld immer massive Vorbehalte gegeben. „Passiert ist nie was.“