Die Zocker-Heroen

Die Geldtransporteure von Heros sollen 270 Millionen Euro unterschlagen haben. Firmenchef gestand gestern

Zugegeben, die Verführung ist schon groß, wenn man den Geldtransporter noch nicht mal knacken muss. Und jedes Jahr 60 Milliarden Euro über die Straßen der Republik karrt. Zu groß für das vor dem Konkurs größte deutsche Geldtransportunternehmen Heros: 270 Millionen Euro soll das Unternehmen veruntreut haben. Seit gestern steht der 58-jährige Firmengründer Karl-Heinz Weis mitsamt drei Mitarbeitern vor Gericht. Chef-Transporteur Weis legte ein umfassendes Geständnis ab.

Mitte der achtziger Jahre haben die vier ein ausgeklügeltes Schneeballsystem aufgebaut. Geld, das sie beim Kunden A abholten, überwiesen sie nicht sofort auf dessen Konto. Sie nutzten es erst einmal, um eigene Schulden zu begleichen. Wenn sie zwei, drei Tage später Geld beim Kunden B abholten, beglichen sie damit die Summe des Kunden A. „Wir haben die Kundengelder auf ein Sammelkonto eingezahlt und immer wieder auf unsere Geschäftskonten weitergeleitet, um Verbindlichkeiten zu zahlen“, sagte Weis gestern vor dem Landgericht Hildesheim. Die meisten Kunden haben sich über die Verzögerung nicht beschwert – immerhin hat Heros das Geld für die Verspätungsdauer ordentlich verzinst. Und außerdem – bei den unschlagbar günstigen Konditionen von Heros nahmen die Kunden kleine Unregelmäßigkeiten ohne Murren hin.

Heros war viel billiger als die Konkurrenz, weil das Unternehmen gar nicht kostendeckend arbeiten musste – das Minus wurde einfach mit der Kohle aus dem nächsten Panzerwagen beglichen. Heros kam es nur darauf an, viele Neukunden zu bekommen – damit das Schneeballprinzip nicht zusammenbrach.

Die falschen Heroen haben das Geld ihrer Auftraggeber aber nicht nur ins Unternehmen gesteckt. Ungefähr 50 Millionen sollen laut Anklageschrift fürs Privatvergnügen der Manager draufgegangen sein. Luxusautos, Lustreisen und den Bau eines Vier-Sterne-Hotels in Bulgarien sollen sie mit dem Geld finanziert haben.Fast zehn Jahre funktionierte das System, bis 2004 der Ehemann einer Mönchengladbacher Mitarbeiterin zur Polizei ging. Das Landeskriminalamt in NRW richtete eine Sonderkommission ein. Nach einer Razzia im Februar 2006 wurden die vier Manager festgenommen. Unmittelbar danach ging Heros in Konkurs – der Firma war ihr Finanzierungskonzept abhanden gekommen.

MANFRED GÖTZKE