RUDOLF BALMER ZUM RÜCKTRITT VON UMP-CHEF COPÉ IN FRANKREICH
: Politik, die zum Himmel stinkt
Unter den tradierten Parteien grassiert die Doppelmoral. Davon profitiert der Front National
Der neue Finanzskandal bei der konservativen UMP illustriert, warum so viele Franzosen nicht mehr wählen oder in ihrer Verzweiflung zu Marine Le Pen überlaufen. Der Erfolg des rechtsextremen Front National bei der EU-Wahl in Frankreich ist nicht nur eine Folge der Wirtschaftskrise und deren sozialen Auswirkungen. Wenn ganze Wählerschichten den lockenden Flötentönen der Rattenfängerin Le Pen hinterherlaufen, dann auch darum, weil ihnen die traditionellen Parteien mit ihrer doppelten Moral zuwider sind.
Diese berufen sich auf die Grundwerte der Republik, reden von den Interessen Frankreichs, singen die Marseillaise. Doch geht es ihnen um mehr als um ihre eigene Karriere und Macht? Eine ganze Reihe von Finanzaffären, in die Politiker von links und rechts verwickelt waren, haben den Korruptionsverdacht genährt und das Vertrauen der Bürger unwiderruflich untergraben. Nichts besagt, dass die Le Pens und ihre Familienpartei in irgendeiner Hinsicht besser oder über jeden Verdacht erhaben wären.
Konsternierend ist jedoch, dass die Parteien aus den Affären der Vergangenheit nichts gelernt haben. Was zu Zeiten von Jacques Chirac vor zwei Jahrzehnten noch als Kavaliersdelikt durchging, ist heute ein kapitaler Fehler. Man stelle sich mal vor: Die UMP wurde skrupellos mit Erpressungen und Fälschungen um rund zehn Millionen Euro betrogen, nur damit Nicolas Sarkozy 2012 Wahlausgaben weit über dem gesetzlich zugelassenen Betrag tätigen konnte.
Der Expräsident tobt vor Wut und schwört – wie Parteichef Jean-François Copé auch –, er habe nichts davon gewusst. Doch keiner glaubt ihm, außer seinen unbelehrbaren Fans. Bei den anderen bestätigen dagegen die Enthüllungen rund um Sarkozy und die UMP nur das verheerende Bild, das sie von der Politik der Parteien ohnehin hatten. Kurz: Frankreichs politische Kultur stinkt derzeit zum Himmel.
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