Mit zu viel Tempo und PS gegen den Baum

VERKEHR Junge Motorradfahrer mit sportlichen Maschinen bauen besonders häufig Unfälle

Unterschätzt werde bisher die Häufigkeit von Auffahrunfällen

BERLIN taz | No risk, no fun, das denken sich viele Motrorradfahrer, die angesichts des schönen Wetters in den vergangenen Wochen ihre Maschinen aus dem Schuppen geholt haben. Aber im Frühling steigt nicht nur die Anzahl der Kraftradfahrer, sondern auch die Zahl der Unfälle. Eine Studie der Unfallforschung der Versicherer hat nun ausgewertet, wer am häufigsten selbst verschuldet und ohne andere Beteiligte verunglückt. Das Ergebnis: Vor allem junge Fahrer mit sportlichen Maschinen fahren gefährlich.

Für die Studie wurden 194 schwere Motorradunfälle im Saarland untersucht. Demzufolge sind PS-starke Maschinen häufiger Verursacher von Unfällen. Unterschätzt werde bisher aber die Häufigkeit von Auffahrunfällen. „Fast jeder zweite Unfall, den ein Kraftradfahrer verursacht, ist ein sogenannter Unfall im Längsverkehr“, sagt Siegfried Brockmann, der Leiter der Unfallforschung der Versicherer.

Er schließt aus den Ergebnissen, dass es beim Motorradfahren sehr auf die Fahrweise und die Risikobereitschaft des Fahrers ankommt. Erschwerend komme hinzu, dass Geschwindigkeitsüberschreitungen von Motorradfahrern praktisch kaum kontrollierbar seien. Da für Motorradfahrer eine Helmpflicht gilt, ist eine Identifikation von Fahrern, die geblitzt werden, nicht möglich. Die Frage, ob der Halter auch der Fahrer ist, kann deswegen nur mit viel Aufwand geklärt werden. Der Besitzer kann sich herausreden, indem er angibt, sich nicht erinnern zu können, wer zum fraglichen Zeitpunkt auf dem Motorrad saß. Außerdem fotografieren die meisten Blitzer frontal, und Krafträder, die das Kennzeichen nur am Heck haben, kommen daher in der Regel ungeschoren davon.

Da der Mensch ein entscheidender Faktor sei, fordert Bohrmann regelmäßige, obligatorische Fahrtrainings für Motorradfahrer. Auf vielbefahrenen Strecken könnten Rüttelstreifen bei der Temporeduzierung helfen. Außerdem spricht er sich für die Einführung von Leitplanken mit einem Extraschutz direkt über dem Boden sowie Antiblockiersysteme (ABS) für Motorräder aus. Technische Assistenzsysteme wie Schräglagenerkennung und Abstandsradar könnten den Fahrer nicht nur warnen, sondern durch einen Widerstand im Gasgriff zur Herstellung des richtigen Abstands auffordern. Der Autoclub ADAC geht davon aus, dass mithilfe eines solchen Systems ein Fünftel aller Motorradunfälle verhindert werden könnte.

Insgesamt gab es im Jahr 2012 fast 27.000 Motorradunfälle, gut die Hälfte davon war selbst verschuldet. Etwa 58 Prozent der selbst verschuldeten Unfälle waren Alleinunfälle ohne weitere Beteiligte. ANNIKA WAYMANN