Bremen als Bibliothekars-Mekka

MEDIEN Was die europäischen KollegInnen den Deutschen voraus haben: Geld

Bremen ist ab Dienstag Mittelpunkt der internationalen Bibliotheksszene. 4.000 Experten treffen sich zum größten europäischen Kongress der Bibliothekare. Deutschland steht dabei im Vergleich zum Ausland finanziell schlecht da: Während die Bundesrepublik im Durchschnitt jährlich neun bis zwölf Euro pro Kopf für Bibliotheken ausgebe, sei es in Skandinavien eine bis zu sechsfache Summe, sagt die Bremer Bibliotheksdirektorin Barbara Lison.

Auch die Niederlande und Frankreich gäben wesentlich mehr Geld für ihre Bibliotheken aus. „In Frankreich ist es das Doppelte und mehr“, sagt Lison, die dem Vorstand des Deutschen Bibliotheksverbandes angehört. Trotz einer in Bremen mit 17 Euro pro Kopf und Jahr deutlich über dem deutschen Durchschnitt liegenden Investition müsse auch hier Personal reduziert werden. Durch Automatisierung in der Ausleihe werde versucht, Lücken aufzufangen. „Das geht aber nicht bei der Leseförderung oder in der Kooperation mit Schulen: Die Schraube der Automatisierung hat ein Ende.“

Andererseits würde die Leseförderung immer aufwendiger, sagt Lison: Statt der früher üblichen Bibliotheksführungen gäbe es heute für Schüler abenteuerliche Schatzsuchen. Für Kinder unter drei biete Bremen Aktionen wie „Gedichte für Wichte“ an: „Da geht es mittlerweile um animiertes Lernen.“ Auch bei der Erhaltung des Kulturerbes durch Digitalisierung der Bestände müsse viel investiert werden. „Der Aufwand ist enorm, vom Bund gibt es aber kein Geld.“

Trotzdem seien Bibliotheken als Orte, die in angenehmer Atmosphäre Inhalte vermitteln und kostenlos besucht werden, einzigartig, sagt Lison. „Allein in Bremen haben wir mehrere Tausend Hartz-IV-Bezieher, die reduzierte Gebühren bezahlen.“

Am Ende des Kongresses bekommt taz-Redakteur Henning Bleyl den „Publizistenpreis der deutschen Bibliotheken“. Die Auszeichnung würdigt laut Jury Bleyls kontinuierliche Berichterstattung über die Entwicklung der Bibliotheken in Norddeutschland. „Geschrieben mit lockerer Ironie, weiten Spannungsbögen und scharfen Pointen“, seien seine Texte „voller Empathie für die Mitarbeiter und die Nutzer, aber auch geprägt von kritischer Distanz gegenüber den Bibliotheken als Institutionen.“  (epd)