NRW für Kernkompetenz

Das Land zahlt für die Wiederbesetzung dreier Professuren zur Atomkraftforschung an der RWTH Aachen. Dahinter steckt die Wiederauferstehung der Atomenergie, befürchten die Grünen

VON KATHARINA HEIMEIER

Nordrhein-Westfalen will an die Spitze der Atomkraftforschung. Das Land unterstützt die Wiederbesetzung dreier Professuren für Sicherheit, Entsorgung und Reaktortechnik an der Technischen Hochschule Aachen (RWTH). Eine vierte Professorenstelle richtet die RWTH gemeinsam mit dem Forschungszentrum Jülich ein. Solange Deutschland weiter Atomkraftwerke betreibe und die Technologie ins Ausland exportiere, gebe es „eine rein praktische, aber auch moralische Verpflichtung, weiter auf diesem Gebiet forschend und ausbildend tätig zu sein“, sagte Forschungsminister Andreas Pinkwart (FDP) gestern in Düsseldorf. Deutschland dürfe sich nicht aus der Entwicklung höchster Sicherheitsstandards verabschieden.

SPD und Grüne hatten in ihrer Regierungszeit geplant, die Professuren auslaufen zu lassen. Eine Stelle ist inzwischen seit fünf Jahren unbesetzt und zwei weitere wären in den nächsten drei Jahren ausgelaufen. Die neue Landesregierung will pro Jahr 120.000 Euro in die Stellen stecken. Der Energiekonzern RWE und der Stahlkonzern ThyssenKrupp investieren zusätzlich in den nächsten fünf Jahren 3,5 Millionen Euro in Laborausrüstung und Mitarbeiter. Die Professoren sollen gleichzeitig an der RWTH und dem Forschungszentrum Jülich tätig sein.

Nach Ansicht der Grünen-Politikerin Ruth Seidl bekennt sich die Landesregierung mit der Einrichtung der Professuren zur Atomkraft. „Das hört sich relativ harmlos an, aber es geht um eine Wiederauferstehung der Atomkraft“, sagte die wissenschaftspolitische Sprecherin. Die Unterstützung der Forschung zeige, dass es Pinkwart langfristig nicht nur um die Sicherheit gehe, sondern um Bau einer neuen Generation von Reaktoren.

Pinkwart schloss tatsächlich eine langfristige Nutzung der Atomkraft neben anderen Energielieferanten nicht aus. Ab 2030 könnten die Reaktoren der IV. Generation zur Verfügung stehen – „wenn die Forschungsergebnisse dies sinnvoll erscheinen lassen“, sagte der Minister. Die Forschung an erneuerbaren Energien sei aber genau so wichtig. Für die Grüne Seidl ist dies nur ein Lippenbekenntnis. „Wenn ihm erneuerbare Energien wichtig wären, dann sollte er da Schwerpunkte setzen.“

Die Wissenschaft nimmt die Förderung des Landes unterdessen als eindeutiges Signal. „Ich gehe davon aus, dass wir eine langfristige Unterstützung haben“, sagte Achim Bachem, Vorstandsvorsitzender des Forschungszentrums Jülich. Es sei höchste Zeit, junge Leute wieder für das Thema zu begeistern.

Mit Erschrecken stelle er fest, wie groß der Kompetenzverlust auf dem Gebiet sei, sagte Burkhard Rauhut, Rektor der RWTH Aachen. „Ich kann nicht verstehen, wenn an der verstärkten Arbeit an Sicherheit und Entsorgung Kritik geübt wird.“ Es sei widersinnig, die Forschung nach einem Störfall einzustellen. Sie müsse sogar noch verstärkt werden.