PLO empfiehlt Neuwahlen

Radikalislamische Hamas ist strikt gegen Vorschlag von Palästinenserpräsident Abbas. Verhandlungen über eine Regierung der Nationalen Einheit wohl endgültig gescheitert

JERUSALEM taz ■ Mit Zorn und Drohungen reagierte die Hamas auf die Empfehlungen des PLO-Exekutivkomitees, vorgezogene Neuwahlen abzuhalten. Der „dem palästinensischen Volk gegenüber respektlose Vorschlag“ werde die innere „Krise und Spannung“ zusätzlich verschärfen, warnte Premierminister Ismael Hanijeh (Hamas). Erklärtes Ziel war das genaue Gegenteil: Der stockende Dialog zwischen den Fraktionen sollte durch Verhandlungen über ein gemeinsam festzulegendes Datum für die Neuwahlen wiederbelebt werden. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas wird vermutlich gegen Ende der Woche seine Entscheidung bekannt geben.

Die seit Monaten andauernden Verhandlungen zwischen Fatah und Hamas über eine Regierung der Nationalen Einheit hatten, wie aus dem Umfeld von Abbas verlautete, in den letzten Tagen Fortschritte gemacht, scheiterten indes schließlich an der fortgesetzten Weigerung der Hamas, den internationalen Forderungen auf einen Gewaltverzicht und die Anerkennung Israels nachzukommen. Ende vergangener Woche schwor Hanijeh vor tausenden Gläubigen in Teheran, dass eine von der Hamas geführte Regierung „Israel niemals anerkennen wird“. Damit erteilte er der internationalen Geheimschaft und der Fatah eine erneute unmissverständliche Absage.

Das PLO-Exekutivkomitee stellte alternativ ein Referendum über die politischen Grundlagen der künftigen Regierung zur Debatte. Ferner solle die Möglichkeit fortgesetzter Koalitionsverhandlungen mit der Hamas bestehen bleiben, vorausgesetzt, die Bewegung zeige sich kompromissbereiter als bisher. Der Menschenrechtsaktivist Mustafa Barghuti, Chef der neuen Partei „Nationale Initiative“, der bei den bisherigen Verhandlungen zwischen den Fraktionen zu vermitteln versuchte, räumte ein, dass sich mit einer Einigung über eine große Koalition Neuwahlen erübrigen würden.

Nach Berichten der Ostjerusalemer Tageszeitung Al-Quds hält der Palästinenserpräsident Abbas vorgezogene Neuwahlen derzeit für die „einzige Option“. Abbas würde damit nicht zum ersten Mal die Rettung aus der Krise beim Volk suchen und das Gegenteil erreichen. Als er im Juni den von einer Gruppe inhaftierter Palästinenser aller Fraktionen erarbeiteten Kompromissvorschlag per Referendum zur Umsetzung bringen wollte und die Hamas vor ein Ultimatum stellte, kam es zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der beiden großen Bewegungen.

Ismail Rudwan, Sprecher der Hamas in Ramallah, kommentierte die Vorschläge des PLO-Exekutivkomitees als „Bedrohung der Demokratie“. Die Hamas werde „einen Coup gegen die Regierung nicht zulassen“. Allein gegen vorgezogene Präsidentschaftswahlen habe die Bewegung nichts einzuwenden. Die von dem PLO-Komitee angestrebten Neuwahlen würden sowohl den Präsidenten als auch das Parlament betreffen.

SUSANNE KNAUL