Joghurtkönig bleibt Präsident

Madagaskars Staatschef Marc Ravalomanana wiedergewählt. Opposition vermutet Betrug. Ein ähnlicher Streit trieb das Land bei der letzten Wahl an den Rand der Spaltung

BERLIN taz ■ Madagaskars „Joghurtkönig“ hat es geschafft. Der reiche Geschäftsmann Marc Ravalomanana, dessen Wahl als Präsident vor vier Jahren den Inselstaat fast in den Bürgerkrieg gestürzt hätte, ist mit absoluter Mehrheit wiedergewählt. Das am Sonntagabend verkündete offizielle Endergebnis der Präsidentschaftswahl vom 3. Dezember gibt dem Amtsinhaber 54,8 Prozent und damit den Sieg im ersten Wahlgang. Der zweitplatzierte Kandidat Jean Lahinriko, ehemaliger Parlamentspräsident, hat lediglich 11,7 Prozent, dicht gefolgt von Roland Ratsiraka, Neffe des einstigen madegassischen Militärdiktators Didier Ratsiraka.

„Ein nicht sehr klarer Sieg“, titelte gestern die Tageszeitung La Gazette. Für Ravalomanana, der als reichster Unternehmer Madagaskars die Politik als Seiteneinsteiger eroberte, ist jedoch selbst das eine Genugtuung. 2002 noch hatte der scheidende Staatschef Ratsiraka seine Niederlage nicht anerkannt; als die von Ravalomanana geführte Opposition mit wochenlangen Streiks und Protestmärschen die Hauptstadt Antananarivo lahmlegte, flüchtete sich der Diktator in seine Hochburg Toamasina an der Küste und begann mit einer faktischen Sezession der Küstengebiete vom Hochland um die Hauptstadt. Frankreich, die einstige Kolonialmacht, bewog Ratsiraka schließlich zur Aufgabe und gewährte ihm straffreies Exil – jahrzehntelang hatte er als sich sozialistisch nennender Diktator, unterstützt von Nordkorea, schwerste Menschenrechtsverletzungen begangen.

Ravalomananas Bilanz seitdem ist gemischt. Prominent wurde er bereits ab 1999 als Bürgermeister der Hauptstadt und als Fabrikant von Milchprodukten, wobei er sich mit beidem einen Ruf als unkomplizierter und praxisorientierter Modernisierer einhandelte. Seine Wahl 2002 stand für eine Abkehr Madagaskars von Frankreich, das noch große Interessen im Indischen Ozean verfolgt, hin zu den USA und vor allem zu Deutschland, das er gut kennt. Innenpolitisch leitete er eine Wendung zur liberalen Exportwirtschaft ein. Er startete ein massives Straßenbauprogramm und änderte das Bodenrecht, um ausländischen Investoren im Bergbau bessere Bedingungen zu gewähren.

Die Korruption und die politische Schwerfälligkeit Madagaskars haben sich jedoch wenig verändert. 70 Prozent der 18 Millionen Einwohner leben in absoluter Armut – 2002 waren es allerdings noch 80 Prozent. Unverändert blieb auch das madegassische Wahlrecht mit seiner Kuriosität, dass jeder Kandidat seine eigenen Stimmzettel herstellen muss. Das gewährt dem Amtsinhaber Vorteile.

Nicht zuletzt deswegen halten die meisten Gegner den Wahlsieg Ravalomananas für zweifelhaft. Der führende Oppositionskandidat Lahiniriko fordert eine Stichwahl, denn nach seinen eigenen Zahlen hat er selbst 13 Prozent und der Staatschef nur 49,2. Der frühere Mitstreiter Ravalomananas aus den Zeiten des Kampfes gegen Diktator Ratsiraka stammt aus dem besonders armen Süden des Landes um Toliara, wo die Unregelmäßigkeiten am größten gewesen sein sollen.

„Die Dinge treiben in einen schlimmeren Konflikt als 2002“, drohte am Samstag Präsidentschaftskandidat Pety Rakotoniaina, der als ehemaliger Präfekt wegen Diebstahls von drei Autos per Haftbefehl gesucht wird. Er ist ein Freund des Armeegenerals Randrianafidisoa („Fidy“), der am 17. November zu putschen versucht hatte und seitdem flüchtig ist. Seitdem werden mehrere Oppositionspolitiker polizeilich verfolgt.

Die Spannungen sind hoch. Militärs umstellten am Freitag die Residenz von Alfred Zafy, kurzzeitig gewählter Präsident Madagaskars in den 90er-Jahren zwischen den beiden Herrschaftsperioden Ratsirakas. Es kam beinahe zu Schießereien mit dessen Garde.

DOMINIC JOHNSON