Abrechnung mit der Vergangenheit

Rumäniens Staatspräsident Traian Băsescu stellt den Abschlussbericht einer Historikerkommission vor. Der Kommunismus sei illegitim und kriminell gewesen, die Opfer müssten rehabilitiert werden. Heftige Proteste der Ultranationalisten im Parlament

Die Ernennung des Vorsitzenden der Kommission war auf Widerstand gestoßen

VON WILLIAM TOTOK

In einer Rede vor den beiden Kammern des Bukarester Parlaments hat der rumänische Staatspräsident Traian Băsescu am Montag den Kommunismus als „illegitim und kriminell“ bezeichnet. Die kommunistische Diktatur in Rumänien verurteilte er kategorisch und versprach den Justizopfern Rehabilitierung.

In seinen Ausführungen berief sich Băsescu auf den Abschlussbericht einer Kommission, die in diesem Frühjahr den Auftrag erhielt, die kommunistische Herrschaft in Rumänien wissenschaftlich auszuleuchten. In seiner Rede zeichnete der Präsident ein umfassendes Bild der Ungesetzlichkeiten, Gräueltaten und kriminellen Machenschaften der Geheimpolizei Securitate sowie des Parteiapparates. Dabei hob Băsescu die politische Kontinuität zwischen der stalinistischen Frühphase des Regimes und der von 1965 bis 1989 währenden nationalistischen Ceaușescu-Zeit hervor.

Vor allem diese Kontinuitätstheorie löste heftige Proteste der ultranationalistischen Partei Groß-Rumänien (PRM) aus. Mit Zwischenrufen und Trillerpfeifen versuchten die großrumänischen Abgeordneten die Rede des Präsidenten zu stören. Der Vorsitzende der Großrumänen, Corneliu Vadim Tudor, der im Abschlussbericht als einer der ehemaligen Hofdichter Ceaușescus namentlich erwähnt wird, entrollte ein Plakat, auf dem Băsescu in Sträflingskleidung hinter Gittern abgebildet war.

Von den anderen Abgeordneten sowie von den Gästen – wie beispielsweise die postkommunistischen Ex-Präsidenten Polens und Bulgariens, Lech Wałesa und Schelju Schelew – wurde der skandalträchtige Auftritt der Extremisten konsterniert verfolgt.

Insbesondere die Ernennung des in Rumänien geborenen amerikanischen Politologen Vladimir Tismaneanu zum Vorsitzenden der Expertenkommission war bereits im Frühjahr auf heftigen Widerstand seitens nationalistischer Gruppierungen gestoßen. In unzähligen Zeitungsartikeln und Fernsehsendungen wurde Tismaneanu als ein „Abkömmling jüdischer Kommunisten“ beschimpft, die eigentlich mit Hilfe der sowjetischen Besatzungstruppen nach 1945 in Rumänien ein antinationales Regime errichtet hätten. Gleichzeitig wurde Tismaneanu unterstellt, er versuche in dem Abschlussbericht der Kommission die von den Juden begangenen Verbrechen herunterzuspielen, um dadurch auch den Beitrag seines eigenen Vaters zur Errichtung des Kommunismus zu verharmlosen.

Als vor einigen Tagen jene Auszüge aus dem Abschlussbericht bekannt wurden, in denen Tismaneanu seinen Vater namentlich erwähnt, verglich ihn eine Bukarester Zeitung mit Pawlik Morosow, einem sowjetischen Kind, das bei der stalinistischen Geheimpolizei seinen eigenen Vater als Klassenfeind denunziert hatte. Der als großer sowjetischer Held gefeierte Morosow wurde seinerzeit den Schulkindern in den ehemaligen Ostblockländern als ein nachahmenswertes Beispiel empfohlen.

In einigen der von üblen antisemitischen Beschimpfungen strotzenden Artikeln wurde Tismaneanu als ein Agent des russischen Geheimdienstes dargestellt, der den antirumänischen Auftrag erhalten habe, die Nation und die erhabenen Werte der patriotischen Kultur Rumäniens zu verunglimpfen.

Auf die Frage, wie er sich diese irrationalen Ausfälle erkläre, sagte Tismaneanu unlängst: „Eine der spezifischen Eigenheiten des rumänischen Kommunismus ist die Vorliebe für Verschwörungstheorien sowie die extremen Nachwirkungen einer zutiefst byzantinisch geprägten politischen Kultur des rumänischen Kommunismus. Das macht sich auch noch in der postkommunistischen Periode bemerkbar.“