Ein Eid mit Verfallsdatum

OHB Satellitenfirma entlässt Vorstandsvorsitzenden Berry Smutny: Nachdem der Stein und Bein geschworen hatte, dass nichts dran sei an Wikileaks-Depeschen, wurde ihm nun das Vertrauen entzogen

Mit sofortiger Wirkung ist Berry Smutny gestern überraschend von den Aufgaben des Vorstandsvorsitzenden der Bremer OHB-System AG entbunden worden. Die Entscheidung steht im Zusammenhang mit von Wikileaks zugänglich gemachten Depeschen von US-Diplomaten, deren Inhalt noch am Freitag vom Firmengründer und Aufsichtsratsvorsitzenden Manfred Fuchs dementiert worden war.

Die norwegische Zeitung Aftenposten hatte bereits Anfang Januar aus einer am 22. Oktober 2009 verfassten vertraulichen Nachricht ans Außenministerium der USA zitiert, die wiederum eine Gespräch mit Smutny referiert. Zunächst hieß es nur allgemein, der OHB-Mann habe massiv vom Leder gezogen über das europäische GPS-Pendant Gallileo, das er als „dumme Idee“ gebrandmarkt habe, mit der „deutsche Steuermittel verschwendet“ würden und das „in erster Linie französischen Interessen“ diene.

Alles falsch, hatte es bis einschließlich Freitag geheißen. Fuchs verwies auf eine eidesstattliche Erklärung Smutnys, der zwar den Gesprächstermin in der US-Botschaft bestätigte – aber alle zitierten Inhalte ins Reich der Fabel verwies. Gleichzeitig distanzierte sich die OHB-Gruppe sicherheitshalber auch „von allen Herrn Smutny zugeordneten Aussagen in den Wikileaks-Papieren“. Ein Schachzug, der es nun leichter gemacht haben dürfte, sich von Herrn Smutny selbst zu distanzieren. Denn dessen Glaubwürdigkeit war dahin, als die Norweger nachlegten und den Gesamttext der Depesche auf www.aftenposten.no online stellten – einschließlich markanter Details wie Smutnys Hinweis auf die besondere „ironische Note“ der deutschen Kofinanzierung des Galileo-Programms. Die bestehe darin, dass einige der durch dieses neue System millimetergenau gesteuerten Atomraketen nach wie vor auf Berlin zielen würden („some of Frances nuclear missiles are aimed at Berlin“).

Einstimmig entzog ihm die Hauptversammlung das Vertrauen, einstimmig beschloss der Aufsichtsrat seine Bestellung zum Vorstandsvorsitzenden der Gesellschaft zu widerrufen. „Bis auf weiteres“ hieß es, werde nun der Vorstandsvorsitzende der Muttergesellschaft OHB Technology AG, Marco Fuchs, Smutnys Aufgaben wahrnehmen. Dem geschassten wurde für die „in den letzten 18 Monaten geleistete Arbeit“ gedankt. BES