Städten geht ein Licht auf

Die Kommunen in NRW sind in den Miesen. Mit zweifelhaften Ideen wollen sie Geld einnehmen

VON KATHARINA HEIMEIER

1.903 Euro Schulden hatte jeder Nordrhein-Westfale im vergangenen Jahr. Zumindest rein rechnerisch. Denn so hoch war die landesweite Pro-Kopf-Verschuldung 2005, berechnet aus den Gesamtschulden der Städte und Gemeinden vom Landesamt für Statistik in Düsseldorf. Je nach Wohnort müssen die Menschen im Land sogar mit noch mehr Miesen leben. Auf jeden Einwohner Duisburgs beispielsweise kommen 3.206 Euro Schulden. Zeit für kreatives Sparen. Die taz stellt fünf Möglichkeiten vor.

SMS-Laternen

Es sieht düster aus in Lemgo (Kreis Lippe) – in der Stadtkasse und auf den Straßen. Die Stadt hat so wenig Geld, dass sie nachts die Straßenlaternen ausschalten muss. 50.000 Euro spart sie damit jährlich. Das ärgerte einen Bürger so sehr, dass er die SMS-Laterne erfand. Per Kurzmitteilung vom Handy gehen jetzt in Lemgo die Lampen wieder an. Bislang allerdings nur auf einer zweieinhalb Kilometer langen Teststrecke. Dort werden die Signale über ein Modem in den Straßenbeleuchtungs-Verteilungsschränken an die Laternen weiter gegeben. Den Bürger kostet die Erleuchtung 50 Cent, die Stadt nichts.

„Dial 4 Light“ (Wähle für Licht) haben die Lemgoer ihre Idee getauft. Doch sie wollen nicht, dass von ihrer Stadt ein falsches Signal ausgeht. „Das ist kein Appell an andere Städte, die Leuchten auszuschalten“, sagt Georg Klene, Projektmanager bei den Stadtwerken. Manchmal reiche es schon, Lampen mit moderner Technik aufzustellen.

Sexsteuer

Die Stadt Köln kassiert seit dem 1. Januar 2004 eine Sexsteuer. Zahlen müssen Prostituierte und Bordellbetreiber. Die Steuer liegt pro Sexarbeiterin und Monat in der Regel bei 150 Euro. Eine Maßnahme, die weltweit Aufsehen erregt hat und der Domstadt im vergangenen Jahr 790.000 Euro bescherte. Für das Jahr 2006 rechnet die Stadt sogar mit etwa 828.000 Euro.

Parkkrallen

Bocholt macht seine Steuersünder dingfest – per Parkkralle. Eine Vollstreckungsmaßnahme nennt die Stadt dies. „Wer bei der Stadt Schulden hat, dem pfänden wir das Auto“, sagt Stadtsprecherin Rita Telohe. Die Parkkralle verhindert, dass der Schuldner wegfahren kann. Etwa 20 bis 30 Bocholter krallt sich die Stadt im Kreis Borken pro Jahr. „In den meisten Fällen ist das erfolgreich“, meldet Stadtsprecherin Rita Telohe.

Ventilwächter

Weniger auffällig als Parkkrallen, aber nicht weniger wirksam sind Ventilwächter. Diese Spezialventile werden auf die Reifen gesetzt und wenn das Auto rollt aktiviert. Nach 600 Metern sorgen sie dafür, dass den Autoreifen von Steuersündern die Luft ausgeht. Entfernt werden können sie nur mit einem Spezialschlüssel.

In der Landeshauptstadt Düsseldorf dachte man im Jahr 2003 noch darüber nach, mit den Spezial-Ventilen gegen „notorische Bußgeldproduzierer“, wie es damals hieß, vorzugehen. Inzwischen hat sich die Stadt dagegen entschieden. „Das geht bei uns seinen ganz geregelten Weg aus Mahnen und Vollstrecken“, sagt Stadtsprecher Volker Paulat.

Spenden an die Stadtkasse

Es war ein Bild, von dem wohl jeder Bürgermeister träumt – Magnus Staehler (CDU) hat es erlebt. „Die Leute standen Schlange, um der Stadt Geld zu spenden“, berichtet das Stadtoberhaupt von 60.000 Langenfeldern. 500 von ihnen bezahlten Anfang November ihre persönliche Pro-Kopf-Verschuldung – je 100 Euro. Im Gegenzug bekamen sie eine Entschuldungsurkunde. Für Bürgermeister Staehler war es dennoch nur ein kleiner Schritt in einem langfristigen Entschuldungsprozess. Vor 12 Jahren hat er sein Amt angetreten und seitdem ein Ziel verfolgt: schuldenfrei werden.

Spenden an die Stadtkasse – „das ist mal was anderes“, findet Martin Junkernheinrich, der an der Universität Münster eine Professur für Kommunal- und Regionalpolitik hat. Eine solche Maßnahme weise die Bürger auf sparsames Wirtschaften hin. Ob das Modell Langenfeld auf größere Städte übertragbar ist, bezweifelt er dennoch. „Das ist in Langenfeld sicherlich einfacher als in Oberhausen.“