Trotz Warnungen: Haitis Wahlrat bleibt stur

HAITI Das Ergebnis der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen wird nicht korrigiert. Haitis Wahlrat ignoriert die OAS und bleibt bei einer Stichwahl zwischen Mirlande Manigat und Jude Célestin

■  Die Vereinigten Staaten haben am Donnerstag erstmals seit dem verheerenden Erdbeben vom Januar vergangenen Jahres wieder Haitianer in ihr Heimatland abgeschoben. 27 in den USA straffällig gewordene haitianische Männer wurden in ihr Heimatland zurücktransportiert – die ersten von rund 700 HaitianerInnen, deren Abschiebungen noch ausstehen. Allen werden in den USA begangene Straftaten vorgeworfen. Die USA hatten unmittelbar nach dem Erdbeben einen Abschiebestopp verhängt. Aber schon seit Herbst letzten Jahres drängt die Regierung darauf, die Deportationen wiederaufzunehmen.

SANTO DOMINGO taz | Der Provisorische Wahlrat (CEP) von Haiti hat die Empfehlungen der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) ignoriert und das umstrittene Wahlergebnis vom 28. November vergangenen Jahres nicht korrigiert. Die Wahl sei gültig, sagte der Chef der Wahlkommission Dorsinvil Gaillot am Donnerstag in Radio Kiskeya.

Damit gilt das vorläufige Endergebnis, demzufolge auf die rechtskonservative Rechtsprofessorin Mirlande Manigat 31,6 Prozent der Stimmen entfielen. Zweitplatziert ist der vom Staatspräsidenten favorisierte Kandidat der Regierungspartei „Einheit“, Jude Célestin, der mit 22,5 Prozent rund 0,6 Prozentpunkte vor dem Drittplatzierten, dem Kompa-Sänger „Sweet Micky“ Michel Martelly liegt.

Die internationalen Wahlbeobachter hatten eine Revision des Ergebnisses gefordert, weil das Stimmergebnis für Célestin nur durch massive Wahlmanipulationen zustande gekommen sei. Sie empfahlen eine Stichwahl zwischen Manigat und Martelly.

Politische Beobachter rechnen in den nächsten Tagen mit heftigen Auseinandersetzungen in Port-au-Prince und den südlichen Provinzen, wo der Sänger viele Anhänger besitzt. Der populäre Sänger „Sweet Micky“ forderte im haitianischen Rundfunk seine Anhänger auf, gegen die „Manöver von Präsident Préval und der provisorischen Wahlkommission“ zu protestieren. Sie sollten „friedlich demonstrieren“ und ein „gutes Resultat“ verlangen. Schon im November waren seine Wähler auf die Straße gegangen, hatten brennende Barrikaden errichtet und Wahllokale angegriffen.

Auch der UN-Sicherheitsrat hat Haiti noch einmal eindringlich davor gewarnt, an der Entscheidung des CEP festzuhalten. Ein Stichwahl, an der Célestin teilnehme, bedeute, dass sich das Land nach dem „verheerenden Jahr“ mit Erdbeben und Choleraepidemie nicht auf den Wiederaufbau ihres Landes konzentrieren könne, warnte in New York Alain Le Roy. Der UN-Untergeneralsekretär ist weltweit für den Einsatz der UN-Blauhelme verantwortlich und damit auch für die rund 12.000 UN-Soldaten und UN-Polizisten in Haiti.

Der deutsche UN-Botschafter Peter Wittig unterstützte ebenfalls „die Empfehlungen der OAS-Expertenkommission“, das Wahlergebnis zu korrigieren. Er habe die „große Sorge“, dass die politische Krise den Wiederaufbau des Landes behindere.

Der am Sonntag überraschend aus seinem französischen Exil zurückgekehrte Exdiktator Jean-Claude Duvalier hat über seinen Anwalt jeden Zusammenhang seiner Rückkehr mit der Wahl zurückgewiesen. Er wolle in den derzeitigen Wahlprozess nicht eingreifen, ließ er in einer Erklärung in Radio Kiskeya verkünden. Der 59-Jährige ist inzwischen offiziell unter Anklage gestellt worden. Gleichzeitig wurde von einem Ermittlungsrichter gegen Duvalier ein Ausreiseverbot erlassen.

Politische Beobachter rechnen in den nächsten Tagen mit heftigen Protesten

Aus Südafrika hat sich derweil ein anderer Exstaatschef öffentlich gemeldet. Der 2004 von den USA ins Exil gedrängte Jean-Bertrand Aristide will ebenfalls in seine Heimat zurückkehren und sich in den derzeitigen politischen Prozess einbringen. Während Frankreich durchaus duldete, dass „Baby Doc“ mit einem Diplomatenpass ungehindert aus und in Haiti einreisen durfte und damit eine weitere politische Krise auslöste, übt es gemeinsam mit den USA auf Südafrika Druck aus, den ehemaligen Armenpriester Aristide nicht Richtung Karibik ausreisen zu lassen.

HANS-ULRICH DILLMANN