Die Norm infrage stellen

WERKZEUG Ein Gerechtigkeitsrechner soll den Medien Schwedens zeigen, inwieweit Frauen und andere Marginalisierte zu Wort kommen

STOCKHOLM | Ein „Gerechtigkeitsrechner“ wird den RedakteurInnen schwedischer Medien demnächst demonstrieren, inwieweit dort Frauen und andere bislang unterrepräsentierte Gruppen zu Wort kommen. Der entsprechende Dienst, der den Medien dabei helfen soll, mögliche Mängel und Ungerechtigkeiten zu erkennen und damit das Ziel größtmögliche Gleichberechtigung besser erfüllen zu können, soll Anfang 2015 online gehen.

„Rättviseräknare“ ist weiteres Werkzeug im Arsenal der „Gerechtigkeitsvermittlung“. Finanziert wird der Dienst mit rund 400.000 Euro aus einem staatlichen Innovationsfonds, der seine Entscheidung so begründet: Innovationen könnten nur erreicht werden, wenn Normen infrage gestellt würden. „Ich glaube, Journalisten wollen Schweden eigentlich so schildern, wie es ist. Nicht bewusst ein Demokratiedefizit aufrechterhalten. Und wir wollen ja auch niemanden an den Pranger stellen, sondern zusammen Lösungen finden“, sagt „Rättviseförmedling“-Chefin Sofia Embrén. Sie ist überzeugt, bei den Medien damit offene Türen einzurennen.

Eine Art eigenen „Mini-Gerechtigkeitsrechner“ betreibt im Übrigen schon die im Januar gestartete neue rot-grüne Tageszeitung Dagens ETC. Von Anfang an führte sie eine Statistik darüber, wie sie es mit der Geschlechterverteilung hält, und legt darüber jeden Tag im Impressum konkret Rechenschaft ab. Am Montag veröffentlichte sie eine Bilanz der ersten fünf Monate. 52 Prozent Männer, 48 Prozent Frauen lautet insgesamt das Verhältnis von TextverfasserInnen, InterviewpartnerInnen, ExpertInnen und Personen, die man auf Fotos sieht. „Sind wir Schwedens erste gleichberechtigte Zeitung?“, fragt Chefredakteur Andreas Gustavsson – nicht ganz ohne Stolz. REINHARD WOLFF