Trotz Debatte über Grenzwerte: Handystrahlen sind unbedenklich
: Ein Satz heiße Ohren

Wenn die Tochter nach dem ersten Dauertelefonat mit ihrem „Hab ich mir schon immer gewünscht“-Handy mit glühenden Ohren das Zimmer verlässt, setzen manche Eltern ein besorgtes Gesicht auf. Das sind Eltern, denen plötzlich einfällt, doch kürzlich irgendetwas über gefährliche Handystrahlen gelesen zu haben. Im schlimmsten Fall kassieren sie das Gerät wieder ein – allerdings völlig ohne Grund. Denn wer heute noch Angst vor Handystrahlen hat, ist entweder schlecht informiert oder ideologisch verbrämt. Oder aber ein Hypochonder.

Natürlich: Wer zu lange telefoniert, bekommt in der Tat heiße Ohren. Das aber liegt daran, dass die Luft in der Ohrmuschel nicht mehr zirkulieren kann und überschüssige Wärme nicht mehr abtransportiert wird. Die Handystrahlen dagegen sind schlicht zu schwach, um das Körpergewebe spürbar aufzuheizen: Maximal ein SAR-Wert von 2 Watt pro Kilogramm Gewebe darf im Kopf ankommen. Erst ab 100 Watt verändern Zellen ihre Struktur. Wenn das Bundesamt für Strahlenschutz jetzt fordert, die Handys sollten statt des gesetzlichen Grenzwertes von 2 freiwillig einen SAR-Wert von 0,6 einhalten, dann ist das schlicht kleinlich. Denn es verbrüht sich ja auch niemand die Hände in lauwarmem Wasser, wenn die Temperatur gerade mal um 2 Grad erhöht wird.

Schon richtig: Ob die Strahlung, die noch im Kopf ankommt, völlig ohne Risiko ist, ist letztgültig nicht belegt. Aber diesen Beweis wird die Wissenschaft nie liefern können. Dafür liefert sie seit Jahren Hinweise, dass Handystrahlen keine der befürchteten Wirkungen haben. Der jüngste Hinweis: Die Dänen haben über Jahre 400.000 Landsleute und Mobiltelefonierer untersucht. Ergebnis: kein erhöhtes Krebsrisiko.

Das alles soll nicht davon abhalten, sorgsam mit der Technik umzugehen. Die Erfahrung zeigt: Zu viel macht krank. Zu viel Zucker macht Karies, zu laut macht taub. Das ist kein Grund zur Panik. Wer nicht über Tage 24-Stunden-Gespräche führt, hat nichts zu befürchten. Die Tochter soll ihr Handy wiederbekommen. Gerne eins mit niedrigem SAR-Wert. Schaden kann es nicht. THORSTEN DENKLER