„Das Original ist deutsch“

Geschäftsideen unserer Zonis. Heute: Die Dresdener Rückübersetzung. Ein Wahrheit-Interview mit dem ostdeutschen Winston-Churchill-Experten Herbert Langemann

taz: Herr Langemann, hinter Ihnen liegt eine monumentale Fleißarbeit. Sie haben Winston Churchills Riesenwälzer über den Zweiten Weltkrieg ins Englische rückübersetzt. Warum?

Herbert Langemann: Winston Churchill hat für dieses Buch 1953 den Literaturnobelpreis erhalten, und ich dachte, es wäre allmählich an der Zeit, dafür zu sorgen, dass auch die Engländer einmal nachlesen können, was ihr Landsmann da eigentlich geschrieben hat.

Nun liegt ja allerdings seit mehr als einem halben Jahrhundert das von Churchill selbst verfasste Original in englischer Sprache vor. Glauben Sie, dass Ihre Rückübersetzung sinnvoll ist?

Wie meinen Sie das? Wovon reden Sie da?

Von dem englischsprachigen Originalwerk mit dem Titel „The Second World War“, dessen deutsche Übersetzung Sie ins Englische rückübersetzt haben.

Sie irren sich. Das Original ist deutsch. Ich hab’s doch zu Hause im Regal stehen!

Als Übersetzung.

Nein, als Original! Die englische Übersetzung ist von mir.

Wie kommen Sie darauf, dass der britische Premierminister Sir Winston Churchill seine Erinnerungen in deutscher Sprache geschrieben habe?

Das weiß ich nicht. Das Buch, das ich besitze, ist jedenfalls eindeutig auf deutsch.

Nun gut. Lassen wir das. Wenden wir uns Ihrer Übersetzung zu. Darf man fragen, welchen Schulabschluss Sie haben?

Mittlere Reife. Aber ich sehe nicht ein, was das mit meiner Übersetzung zu tun haben soll.

Ihre Englischkenntnisse haben Sie also in der Mittelstufe erworben?

Erstens dort und zweitens beim SMSen mit einer Lady aus Plymouth, die ich im Internet kennengelernt habe, aber das geht Sie nun wirklich nichts an.

Ihr Umgang mit der englischen Sprache erinnert uns lebhaft an die Behandlung, die Ihrer Heimatstadt Dresden von der Royal Air Force zuteil geworden ist. Verstehen Sie Ihre Übersetzung als Racheakt?

Unsinn. Ich bin durch und durch anglophil und bei der Arbeit innerlich sogar ein Stück weit mit Churchill zusammengewachsen.

Vielleicht können wir unsere Kritik anhand eines Beispiels präzisieren. Den Satz „Als die Maschinerie glatter zu funktionieren begann, gelangte ich zu dem Schluß, daß die täglichen Sitzungen des Kriegskabinetts mit den Stabschefs nicht länger notwendig seien“ haben Sie folgendermaßen ins Englische transponiert: „As the machinery glader to function began, followed I to the end, that the daily sessions of the war cabinet with the staff chiefs no longer necessary were.“ Haben Sie hierfür ein Wörterbuch konsultiert?

Nein. Ich verlasse mich immer auf mein Sprachgefühl.

Und jetzt suchen Sie nach einem englischen Verlag für Ihre immerhin 1.468 Seiten lange Übersetzung …

Ja. Leider kenne ich mich im britischen Literaturbetrieb nicht so gut aus, aber ich glaube, das Buch könnte sich zu einem Mega-Seller entwickeln. Und ich könnte auch sofort die nächste Übersetzung nachschießen. Sagt Ihnen der Name Shakespeare was?

Nein, nie gehört. Trotzdem viel Erfolg, alter Freund!

INTERVIEW: GERHARD HENSCHEL