Dem Bund ist „Stuttgart 21“ wurscht

Das 2,8 Milliarden teure Bahnhofsprojekt der Deutschen Bahn steht jetzt kurz vor dem Aus. Denn: Der Bund ist nicht bereit,die Untertunnelung des Hauptbahnhofes mitzufinanzieren. Die Kritiker hoffen, dass das Projekt nun endlich „tot“ ist

VON THORSTEN DENKLER

Deutschlands größtes Bahnhofsprojekt, Stuttgart 21, steht auf der Kippe. Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) will nicht mehr Geld in den Umbau des Bahnhofs investieren als bislang schon zugesagt ist. So ist die Finanzierung des Milliarden-Vorhabens nicht abgesichert. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Winfried Hermann hervor.

Darin schreibt Tiefensees parlamentarischer Staatssekretär Achim Großmann, die Position des Bundes sei „abschließend geregelt“. Der Bund ist demnach bereit, den Umbau des Bahnhofs Stuttgart nur so weit mitzufinanzieren, solange es um den Anschluss an die Hochgeschwindigkeitstrasse nach Ulm geht. Dafür stellt er 453 Millionen Euro zur Verfügung. An weiteren Kosten beteiligt sich der Bund nicht.

Der Grünen-Abgeordnete Herrmann sagte dazu: „Die Bemühungen von Ministerpräsident Oettinger, dem Bund mehr Geld für die Realisierung von Stuttgart 21 zu entlocken, sind damit vorerst gescheitert.“

Über das Großprojekt Stuttgart 21 wird seit Jahren gestritten. Im Mittelpunkt des Konfliktes steht der Hauptbahnhof von Stuttgart. Der Kopfbahnhof soll nach den bisherigen Planungen untertunnelt werden. Die Kosten dafür belaufen sich auf 2,8 Milliarden Euro. Dazu will die Bahn 1,6 Milliarden Euro beisteuern. Das Geld soll durch den Verkauf von Grundstücken auf dem dann brach liegenden Schienenbett des Kopfbahnhofes aufgebracht werden. Bisher ist das aber nicht gelungen. Der Bund und das Land Baden-Württemberg tragen nach heutigem Stand jeweils knapp 500 Millionen Euro – 200 Millionen zu wenig.

Der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Günther Oettinger (CDU), würde gerne Tiefensee für die fehlende Summe in die Pflicht nehmen. Doch der hält sich nicht für zuständig: Stuttgart 21 sei „ein Projekt der Deutschen Bahn AG, das diese unternehmerisch eigenverantwortlich betreibt“, heißt es in der Antwort auf Hermanns Anfrage. Kritiker glauben nicht, dass es bei den 200 Millionen Minus bleibt. Werner Korn, Geschäftsführer des Verkehrsclub Deutschland VCD in Baden-Württemberg, hält eher eine Bausumme von 3,5 Milliarden Euro für „realistisch“. Die reine Sanierung mit dem Ziel, den Kopfbahnhof zu erhalten, wäre dagegen nach Berechnungen der Landesverbände von BUND und VCD mit 350 Millionen Euro erheblich günstiger.

Die Untertunnelung brächte den Fahrgästen Zeit, versprechen die Befürworter. Im Kopfbahnhof mussten die Bahnen häufig umständlich umgekoppelt werden. Mit modernen Zügen ist das aber schon jetzt nicht mehr nötig. Der Zeitgewinn durch die Tunnellösung beschränkt sich deshalb auf wenige Minuten.

Boris Palmer, der das Projekt Stuttgart 21 für die Grünen im Landtag von Baden-Württemberg betreut, fordert, jetzt schnell einen Schlussstrich zu ziehen. „Wenn finanzpolitische Vernunft walten würde, dann ist das Projekt tot“, sagte er der taz.

Die Landesregierung von Baden-Württemberg will sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Im Frühjahr sei ein Spitzentreffen mit dem Bund vorgesehen. „An der Tatsache kann man ablesen, das wir noch in einem Prozess sind, der nicht abgeschlossen ist“, sagte ein Sprecher des zuständigen Innen- und Verkehrsministers Heribert Rech (CDU).