Es geht auch ohne Mikroplastik

UMWELT In den USA gibt es jetzt das erste Gesetz, das ab 2019 Kosmetika mit Mikroplastik verbietet. Forscher der Fraunhofer- Gesellschaft entwickeln Alternativen zum Plastikgranulat

Es wurde schon im Leitungswasser nachgewiesen, in Bier, Honig, sogar in der Luft: Mikroplastik. Beim Waschen von Fleece- und anderen Kunstfaser-Textilien werden pro Kleidungsstück und Waschgang etwa 1.900 Mikrofasern ins Abwasser gespült. Mikroplastik in Form winziger Kügelchen findet sich zudem in Zahnpasta, Duschgels, Make-up und anderen Kosmetika und landet nach Gebrauch ebenfalls im Abwasser. Kläranlagen können die millimeterkleinen Partikel kaum herausfiltern, weshalb sie in den Wasserkreislauf aufgenommen werden und schließlich ins Trinkwasser gelangen. Besorgniserregend sind zudem die Folgen von Mikroplastik in den Meeren. Die Oberfläche der Teilchen wirkt wie ein Magnet auf verschiedene Schadstoffe, wie etwa Insektizide. Meerestiere verwechseln die mit Umweltgiften angereicherten Pellets oft mit ihrer Nahrung, was Erkrankungen oder den Tod der Tiere zur Folge haben kann. Über die Nahrungskette kommt das schädliche Plastik schließlich wieder beim Menschen an: Am Institut für Chemie und Biologie des Meeres in Wilhelmshaven wurde bei einer Untersuchung in jedem Heringsmagen Mikroplastik festgestellt. Welche Auswirkungen die Aufnahme der Kunststoffteilchen auf den Menschen hat, ist nicht geklärt.

Sekundäres Mikroplastik entsteht durch den Zerfall von größeren Plastikteilen – ein Problem, das zum jetzigen Zeitpunkt kaum zu beheben ist. Primäres Mikroplastik jedoch – die Partikel in Kosmetikprodukten – können vermieden werden. Die zumeist aus Polyethylen (PE), Polypropylen (PP), Polymethylmethacrylat (PMMA) oder Nylon bestehenden Mikropartikel werden Kosmetika und Körperpflegemitteln mit Absicht zugesetzt. Sie sorgen für die erwünschte Reinigungswirkung. Von Umweltverbänden wird seit Längerem schon ein Verbot gefordert. Im US-Bundesstaat Illinois wurde dies jetzt erstmals umgesetzt. Dort ist ab 2019 der Verkauf von Kosmetikprodukten mit Mikroplastik verboten. Jetzt wird versucht, ein entsprechendes Gesetz für die gesamten USA zu verabschieden.

Neben dem Weg über die Politik hat das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik in Sulzbach-Rosenberg jetzt auch eine technische Lösung vorgelegt. Biowachspartikel könnten Mikroplastikkügelchen in Kosmetikprodukten in Zukunft ersetzen. Bei den Wachsen handelt es sich um nachwachsende Rohstoffe, die relativ schnell biologisch abbaubar sind. Zudem wird das Biowachspulver in einem Hochdruckverfahren hergestellt, für das Kohlenstoffdioxid aus der Düngemittelherstellung verwendet wird – das Abgas wird also weiterverwertet. Für die Kosmetikbetriebe könnten Biowachspartikel vor allem deshalb interessant sein, weil sie um einiges vielseitiger eingesetzt werden können als das Plastikgranulat: Größe und Form der Wachsteilchen können speziell konfektioniert werden und sie könnten, neben ihrer abrasiven Wirkung, beispielsweise auch flüssige Wirkstoffe transportieren. Diese Woche stellte das Institut die neue Entwicklung erstmals offiziell auf einer Konferenz in Köln vor. LOU ZUCKER