Usbekische Gäste besuchen Berlin

Regierungsdelegation will jetzt über Strafrechtsreformen sprechen. Zu Hause sitzen Menschenrechtler hinter Gittern

BAKU taz ■ Der usbekische Justizminister Buritosch Mustafajew und der stellvertretende Innenminister des zentralasiatischen Landes, Alischer Scharafudinow, sind trotz Folter und Massakers in Berlin willkommen. Sie leiten eine am Montag beginnende einwöchige Delegationsreise, über die Reformen des usbekischen Strafrechts zu sprechen.

Es ist der erste offizielle Besuch usbekischer Regierungsvertreter in Deutschland nach dem Massaker von Andischan. Am 13. Mai 2005 hatte der usbekische Präsident Islam Karimow einen Volksaufstand in der usbekischen Provinzstadt mit Panzerwagen blutig niedergeschlagen und dies als einen Teil des Antiterrorkriegs gerechtfertigt.

Die EU hatte im Oktober 2005 Sanktionen gegen das Land beschlossen und eine internationale Untersuchungskommission zu den Vorfällen in Andischan gefordert, der sich Karimow widersetzt. Die Strafmaßnahmen der EU sahen ein Einreiseverbot hoher Regierungsfunktionäre sowie ein Waffenembargo vor. Im November 2006 wurden die Sanktionen um drei Monate verlängert. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier hatte Anfang November in Usbekistan erklärt, dass die Sanktionen aufgehoben werden könnten, wenn die usbekische Regierung Reformfortschritte vorzuweisen hätte. Deutschland bastelt im Zuge seiner EU-Präsidentschaft an einer Zentralasienstrategie. Usbekistan soll dabei sein.

Berlin lobt als Fortschritte die für 2008 angekündigte Aufhebung der Todesstrafe und Reformen im usbekischen Strafrecht. Als Dank für das deutsches Wohlwollen ließ Usbekistan Ende des Jahres einige Menschenrechtler und Journalisten frei. Die deutsche Politik hat von Anfang versucht, die Sanktionen abzuschwächen, um den Bundeswehrstützpunkt in Usbekistan nicht zu gefährden. Trotz der EU-Sanktionen konnte sich 2005 der damalige Innenminister, Sokir Almatow, einer der Hauptverantwortlichen für das Massaker, in Deutschland behandeln lassen. Auch die usbekischen Gäste in Berlin sind höchst fragwürdig. Scharafudinow war während des Massakers Almatows rechte Hand. Während der Amtszeit des Justizministers wurden in Schauprozessen über 300 Usbeken wegen Andischan zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Die US-Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch fordert ein Einreiseverbot für Mustafajew.

Nach dem Massaker verfolgten die usbekischen Behörden unbarmherzig Menschenrechtler, Journalisten und Oppositionelle. Auch dafür steht der usbekische Justizminister. Saidschahon Sainabiddinow sitzt für sieben Jahre im Gefängnis, weil er Journalisten über die Massentötung in Andischan berichtet hatte. Die usbekische Menschrechtlerin Mutabar Tadschibajewa wurde 2006 zu acht Jahren Haft verurteilt, Verwandte berichten, sie werde regelmäßig geschlagen und gedemütigt. Die Menschenrechtlerin Elena Urlaewa wurde im Januar diesen Jahres in Taschkent von vier unbekannten Frauen zusammengeschlagen; der Sohn von Bachtior Chamrajew ist weiterhin in Haft, weil der Menschenrechtler Willkürakte der usbekischen Regierung benennt. MARKUS BENSMANN