Radikale entlarven

RELIGION Berliner Verfassungsschutz stellt Broschüre „Zerrbilder des Islam“ vor

Der Berliner Verfassungsschutz will mit einer Broschüre muslimische Jugendliche davor schützen, in die Radikalisierung abzudriften. Am Mittwoch stellten Innensenator Ehrhart Körting (SPD) und die Leiterin des Verfassungsschutzes, Claudia Schmid, das Heft „Zerrbilder des Islam“ vor. Darin werden extremistische Auslegungen des Islam widerlegt, die unter anderem im Internet kursieren.

„Wir wollen Personen erreichen, die am Anfang einer Radikalisierungsphase stehen“, sagte Schmid. In der Broschüre werden Behauptungen von Extremisten aufgelistet und auf der gegenüber liegenden Seite widerlegt. Zum Beispiel diese Aussage der seit 2003 in Deutschland verbotenen islamistischen Organisation Hizb-ut-Tahrir („Partei der Befreiung“): „Im Islam obliegt die Gesetzgebung ausschließlich Allah, da die Souveränität auf das göttliche Gesetz beschränkt ist.“ Dem gegenüber steht Artikel 86 der Verfassung von Ägypten, einem überwiegend muslimischen Land: „Das Parlament soll gesetzgebende Funktionen ausüben […]. Gemäß den Vorgaben der Verfassung soll es die Arbeit der Exekutive kontrollieren.“ Auf Zitate aus dem Koran verzichtet die Broschüre ganz. „Das ist nicht der Versuch, aus dem Koran bestimmte Dinge abzuleiten“, sagte Körting.

Salafisten haben Zulauf

In Berlin haben die Salafisten laut Verfassungsschutz starken Zulauf. Die extremistische Gruppierung nutzt besonders das Internet, um Jugendliche zu erreichen. Auch die Broschüre soll hauptsächlich über das Internet verbreitet werden. Sie kann auf der Seite des Verfassungsschutzes heruntergeladen werden. Verfassungsschutzchefin Schmid ist sich sicher, dass viele Jugendliche darauf stoßen werden. Oft würden gerade junge Leute im Internet nach Informationen über den Islam und nach Rat in Alltagsfragen suchen. „Ich hoffe, sie erkennen dann, dass sie einer falschen Ideologie aufgesessen sind“, so Schmid. Die Broschüre ist in Deutsch, Arabisch und Türkisch verfasst. „Wir wollen wirklich an die Leute rankommen. Das bedeutet auch, dass man den Umweg über die Sprachen machen muss“, sagte Körting. Zudem wurden 7.000 Exemplare der Broschüre gedruckt. Sie soll in Moscheegemeinden und Schulen verteilt werden. Gerade Lehrern könne die Broschüre gute Orientierungshilfe bieten, so der Senator.

Die Broschüre ist nur ein Teil der Präventionsarbeit des Verfassungsschutzes. Im November hat er einen Kongress zum Thema „Prävention und Deradikalisierung“ veranstaltet. Zu Gast war unter anderem der Dschihad-Aussteiger Hanif Qadir aus London, der heute Jugendliche vom Abdriften in die Militanz abhalten will.

MIRJAM SCHMITT