Es geht nur noch um den Zeitpunkt

Die Landtagsfraktion lässt bei ihrer Klausur in Kreuth keine Zweifel daran, dass Stoibers Tage gezählt sind. Ihr Chef Herrmann spricht von einem „überschaubaren Zeitraum“

WILDBAD KREUTH taz ■ Die kunstvollsten Metaphern konnten auch gestern nicht verhüllen, dass sich Edmund Stoiber zeitnah, womöglich schon diese Woche von der politischen Bühne verabschieden muss. So sagte der Chef der Landtagsfraktion, Joachim Herrmann, gestern am Rande der Klausur in Wildbad Kreuth, Stoiber habe die „Tür zur Erneuerung einen Spalt breit geöffnet“. Während zweier Sitzungen des erweiterten Fraktionsvorstandes sei klar geworden, „dass viele (Landtagsabgeordnete, Anm. d. Red.) von Stoiber erwarten, dass er zum richtigen Zeitpunkt den Weg für die Erneuerung freimacht“.

Am Montagabend hatte Stoiber selbst während der Sitzung gesagt, er wolle zur Landtagswahl 2008 antreten, müsse aber nicht – das erste Zeichen des Einlenkens von Stoiber, der noch vorige Woche verkündet hatte, bis 2013 regieren zu wollen, und damit die Abgeordneten ordentlich vergrätzt hatte. Auch ein anderer Stoiber-Satz wird wohl nur Wunsch bleiben: Der CSU-Chef sagte in Kreuth, der nächste Parteitag im Herbst solle über seine Nominierung entscheiden. Fraktionschef Herrmann erwiderte, eine so aufgeregte Diskussion wie derzeit sei für die CSU nicht noch ein Dreivierteljahr auszuhalten: Nun müsse „in einem überschaubaren Zeitraum Klarheit geschaffen werden“. Beobachter erwarten den großen Knall deswegen schon für den heutigen Mittwoch.

Mehrere Abgeordnete machten gestern sehr deutlich, dass sie sich eine Zukunft ohne Stoiber vorstellen. Der Nürnberger Abgeordnete Hermann Imhof etwa forderte „neue Köpfe“ für die kommende Landtagswahl. Nachfolger Stoibers müsste derjenige „mit der höchsten Akzeptanz in der Bevölkerung“ werden. Für Imhof ist das Innenminister Günther Beckstein. Auch Ex-Justizminister Manfred Weiß appellierte an Stoiber, „dass er die Zeichen erkennt. Wenn persönliche Ziele nicht mit dem Wohl der Partei übereinstimmen, muss man die Konsequenzen ziehen.“ Unterstützung bekam Stoiber nur von wenigen Abgeordneten und aus seinem Kabinett. Finanzminister Kurt Faltlhauser hoffte, der Dienstag möge „das Gleichgewicht zwischen Leistung, Erfolg und Emotionen“ wiederherstellen. Der Abgeordnete Jürgen Vocke sagte: „Man sollte einen König nur stürzen, wenn man einen neuen König hat.“

In der Sache Seehofer sind die CSU-Politiker hingegen einer Meinung. Die Bild hatte am Montag berichtet, Bundesverbraucherschutzminister Horst Seehofer habe ein außereheliches Verhältnis mit einer Mitarbeiterin des Bundestags. Gestern schob das Blatt nach, die Mitarbeiterin sei schwanger. Der Abgeordnete Konrad Kobler glaubt, die Information sei „wahrscheinlich gezielt“ veröffentlicht worden, um Seehofer zu schaden. Fraktionschef Herrmann war empört: „Wir verurteilen solche Kampagnen. Das gilt für Landrätinnen ebenso wie für Bundesminister.“ Seehofer sagte am Dienstag alle Termine in Berlin ab und ließ sich bei der Sitzung des Bundeskabinetts vertreten. Begründung: Er müsse Gespräche zur Entwicklung in Bayern führen. DOMINIK SCHOTTNER