„Und wie wollen Sie Robben aufhalten?“

ELFTAL Bei einer Pressekonferenz vor dem heutigen Spiel gegen Argentinien zeigen sich die Niederländer in aufgeräumtester Laune

Louis van Gaal hatte die Verve, das Risiko eines Torwartwechsels kurz vor dem Schlusspfiff einzugehen. Wäre es schiefgegangen, hätte die Rochade schnell lächerlich gewirkt. So bleibt der holländische Trainer derjenige, der mit seinen Einwechslungen bei diesem Turnier immer goldrichtig gelegen hat und die Breite seines Kaders zu nutzen weiß.

Aber die Oranjes haben nicht nur ein Team. Als Assistenztrainer Patrick Kluivert nach einem Plan gefragt wurde, wie man den Argentinier Lionel Messi stoppen wolle, war Schluss mit den freundlichen Ansprachen auf das Kollektiv. „Messi stoppen? Und wie wollen Sie Robben aufhalten?“, erwiderte der 38-Jährige. Der Einwand ist berechtigt. Arjen Robben prägte bei dieser WM das holländische Spiel. Mehrere Male wurde er zum Spielentscheider. In Brasilien bekam noch keine Mannschaft den Mann mit den unwiderstehlichen Tempoläufe und Dribblings unter Kontrolle.

Eine Mannschaft und ein Star – da werden nicht nur die Argentinier eifersüchtig. „Ich bin eigentlich schrecklich neidisch auf den Arjen Robben von heute“, sagte Bert van Marwijk, der Vorgänger von van Gaal, der daran erinnerte, dass er vor vier Jahren in Südafrika mit einem angeschlagenen Robben auskommen musste. Immerhin führte der Weg damals ins Finale gegen Spanien. Van Gaal muss in diesen Wochen mit insgesamt weniger guten Einzelspielern auskommen, zumal Robin van Persie zuletzt wenig zustande brachte.

Und noch etwas ist auffällig. Die taktisch-pragmatische Umorientierung der Niederländer, die in der Vergangenheit stets für ihren schönen Offensivfußball gefeiert wurden, ist hinlänglich beschrieben worden. Der Effizienz aber haben sie sich derart radikal verschrieben, dass auch schon einige Kritik aufkam. An Robben, der im Achtelfinale gegen Mexiko in letzter Minute doch sehr leicht im Strafraum fiel. Und an Ersatzkeeper Tim Krul, der Costa Ricas Elfmeterschützen einzuschüchtern suchte. Er hatte eine ganz banale Erklärung dafür: „Ich habe versucht, alles in meiner Macht Stehende zu tun, damit wir gewinnen.“ Neu sind derartige Verhaltensweisen nicht, sie fallen bei dieser WM nur zugunsten der Niederländer mehr ins Gewicht.

JOHANNES KOPP

■ 22 Uhr, São Paulo, 2. Halbfinale, Niederlande – Argentinien, ARD