KURZKRITIK: MADAMA BUTTERFLY
: Eine herzlose Oper

Komplett gescheitert? Nein, das stimmt nicht. Denn musikalisch ist diese „Madama Butterfly“ keineswegs gescheitert, im Gegenteil: Brillant-feingliedrig, herrlich-transparent und mit dem nötigen Krawumms in den Finalen klingt die berühmteste Oper Giacomo Puccinis, wenn die Bremer Philharmoniker sie spielen. Zudem ist Patricia Andress eine ideale Cio-Cio San. Und an Peter Marsh’s Pinkerton lässt sich nur bedauern, dass Bis!-Rufe – also die Aufforderung die Arie sofort zu wiederholen – in Deutschland nicht in Mode sind.

Denn eine Wiederholung von „Dovunque al mondo“, das wäre wunderbar. Und dass es den Fortgang der Handlung blockieren würde, wäre bei Lydia Steiers Inszenierung völlig wurscht. Die taugt nämlich nichts. Zwar hat Steier bewundernswert ambitioniert und mit dem guten Vorsatz, das Szenario zu entrümpeln, energisch zugepackt, auch aparte Bilder entwickelt – dabei aber dummerweise dem Werk sein dramaturgisches Herz ausgerissen: Butterflys vierjähriges, genial auskomponiertes Warten auf ihren Scheingemahl. Die Spannung dieses einstündigen Stillstands speist sich aus dem Gegensatz der archaisch-statischen Welt Madama Cio-Cio San’s und Lieutenant Pinkerton’s gehetzter Moderne. Steier lässt diese nur auf die kurzlebige Show-Welt prallen, Hektik also auf Hektik. Das mindert die Fallhöhe. Und obwohl Steier die Personen souverän musikalisch führt, sorgt ihr Ansatz, zumal er auf ein bedauernswert bronchitisches Publikum trifft, für eine Grund-Unruhe, die, leider!, die Oper selbst beschädigt. BES