MACHTKAMPF IM LIBANON: WESTLICHE EINMISCHUNG BRINGT KEINE LÖSUNG
: Im Interesse aller Libanesen

Die USA seien „nicht daran interessiert, dem Libanon irgendwelche Lösungen aufzuzwingen“, erklärte kürzlich der US-amerikanische Botschafter in Beirut, Geoffrey Feltman. Auch die internationale Geberkonferenz, die morgen in Paris beginnt und zum Wiederaufbau des Landes beitragen soll, diene „nicht einer bestimmten libanesischen Gruppe, sondern allen“. Sehr glaubwürdig wirkten diese Beteuerungen nicht, und sie dürften auch kaum die angespannte Lage in Beirut beruhigen.

Hisbollah-Generalsekretär Hassan Nasrallah und sein Bündnispartner, der christlich-maronitische Politiker Michel Aoun, sehen das nämlich ganz anders. Gestern haben sie in Beirut wieder zum Generalstreik aufgerufen und Straßenblockaden errichten lassen, um die Regierung von Fuad Siniora zum Rücktritt zu bewegen. Diese wiederum wird von Washington und den westlichen Regierungen unterstützt, welche die Opposition lediglich für Marionetten der Regime in Teheran und Damaskus halten. So warnte der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier bei seinem Besuch im Dezember drohend davor, „dass diese Regierung von der Straße infrage gestellt wird“.

Das zeugt von einer seltsamen Doppelmoral, denn die Parteinahme Deutschlands, der USA oder der EU dient ebenso wenig den Interessen aller Libanesen wie die Syriens oder des Irans. Im Gegenteil: Sie könnte den innenpolitischen Konflikt im Libanon weiter anfachen. Die Einmischung europäischer Mächte in die Angelegenheiten des Libanons hat ohnehin eine schlechte Tradition: Weder Frankreichs Bündnis mit den Maroniten im 19. Jahrhundert noch das der USA und Israels mit den christlichen Milizen im Bürgerkrieg zählen zu den Glanzlichtern westlicher Demokratien.

Dass der Westen reflexartig die vermeintlich demokratischen Kräfte um Fuad Siniora unterstützt, bringt den Libanon einer Lösung nicht näher. In Washington, Brüssel und Berlin muss man sich fragen lassen, warum ausgerechnet die jetzige Regierung ein Garant für einen friedlichen Ausgang des innerlibanesischen Machtkampfs sein soll. Ihr gehören die Ex-Milizenführer Walid Dschumblat und Samir Geagea sowie der Chef der Kataib-Partei, Expräsident Amin Gemayel an MARKUS BICKEL