Mit Farbe gegen Ein-Euro-Jobs

Die Wuppertaler Beschäftigungsgesellschaft GESA und ihr Geschäftsführer bekamen ungebetenen Besuch von militanten Protestierern. Jetzt ermittelt der Staatsschutz

VON PASCAL BEUCKER

Sie kamen in der „Heiligen Nacht“ und überbrachten dem Geschäftsführer der Wuppertaler Gemeinnützigen Gesellschaft für Entsorgung, Sanierung und Ausbildung mbH (GESA) Weihnachtsgeschenke der besonderen Art. Den Eingangsbereich des Privathauses von Ulrich Gensch beschmierte der ungebetene Besuch mit Farbe. Zudem legten die Unbekannten noch Baumstämme vor die Tür. Ein paar Tage später zum Jahresbeginn schauten die Aktivisten auch noch beim Holzenergiehof der GESA in der Essener Straße vorbei, zerstachen dort die Reifen mehrerer Lastwagen sowie einer Kehrmaschine. Aus Protest gegen „die unverfrorene Dreistigkeit der evangelischen Sklaventreiber“, wie in einem jetzt bei der taz eingegangenen Bekennerschreiben zu lesen ist.

„Du sollst nicht Ausbeuten!“, ist der Brief überschrieben. Im Polizeipräsidium auf der Friedrich-Engels-Allee wird von seiner Authentizität ausgegangen: „Die enthaltenen Detailkenntnisse sprechen dafür, dass es sich um das Selbstbezichtigungsschreiben der mutmaßlichen Straftäter handelt“, sagte ein Polizeisprecher der taz. Da die beiden angezeigten Anschläge offensichtlich politisch motiviert gewesen seien, habe der Staatsschutz die Ermittlungen übernommen.

Hintergrund der beiden Anschläge: Die GESA, Mitglied des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche im Rheinland, beschäftigt rund ein Drittel der Ein-Euro-Jobber in der Schwebebahn-Stadt und ist deshalb seit längeren bereits im Visier der dortigen autonomen Szene. Sie zwinge Erwerbslose dazu, Müll in Grünanlagen aufzulesen und liegen gebliebenes Holz im Wald zu sammeln, werfen der GESA ihre militanten Kritiker vor. Außerdem betreibe das Unternehmen „seit kurzem auch einen eigenen Schnüffeldienst“ zum Ausforschen von Arbeitslosengeld-II-Empfängern, heißt es in dem Brief „gegen erniedrigung, schikane und ausbeutung“.

„Die GESA ist der größte Beschäftigungsträger in Wuppertal“, so Harald Thomé, vom Wuppertaler Erwerbslosenverein Tacheles. Insgesamt arbeiteten in der 1995 aus der Gefährdetenhilfe e.V. gegründete gGmbH derzeit rund 400 Ein-Euro-Jobber. Das große Problem sei, dass sich zwar einerseits derzeit viele Leute freiwillig für die Euro-Jobs melden würden, andererseits jedoch die Arbeitsagentur (ARGE) in Wuppertal für 2007 verstärkt Sanktionen für diejenigen angekündigt hätte, die sich einer solchen Tätigkeit verweigern würden. Thomé: „Die GESA beteiligt sich fleißig an diesem Sanktionierungsprozess.“ So teile er denn auch in weiten Teilen die in dem Bekennerschreiben enthaltene Kritik, wenn er auch solche militanten Aktionsformen eindeutig ablehne.

In einer Selbstdarstellung beteuert demgegenüber die GESA, „wesentlicher Unterschied zu anderen Beschäftigungsgesellschaften“ sei, dass sich das Unternehmen„dem christlichen Menschenbild verpflichtet weiß, nachdem jeder Mensch, unabhängig von seiner Lebensgeschichte als Gottes Geschöpf gleichermaßen zu achten ist“.

Entsprechend weist Geschäftsführer Gensch denn auch die Kritik in dem Selbstbezichtigungsbrief als „hochgradige Polemik der Autonomen“ zurück. Die GESA zwinge niemanden zur Arbeit, sondern bekomme nur Langzeitarbeitslose von der Wuppertaler ARGE zugewiesen. Die fühlten sich „in der Regel bei uns sehr wohl“, berichtet Gensch. Denn hier bekämen sie neben einer sinnvollen Tätigkeit auch noch ein soziales Umfeld geboten, auf das viele der Betroffenen lange hätten schmerzlich verzichten müssen. Darüber hinaus würden sie auch intensiv sozialpädagogisch betreut. Besonders die Behauptung, die GESA betreibe im Bergischen Land einen „Schnüffeldienst“, sei „sehr unter der Gürtellinie“: „Wir forschen keine privaten Lebensverhältnisse aus!“, betont Gensch.