Zwei Soldaten sterben bei Angriff

AFGHANISTAN In der Provinz Baghlan wurden zwei Bundeswehrsoldaten von einem Täter in afghanischer Uniform erschossen. Der Verteidigungsminister war kurz zuvor abgereist

„Die Taliban versuchen, ihre Leute in die afghanische Armee einzuschleusen“

OMID NOURIPOUR, GRÜNE

BERLIN dpa/taz | Bei einer Schießerei in einem Bundeswehrlager im Norden Afghanistans sind am Freitag zwei Soldaten ums Leben gekommen. Der Täter – ein Mann, der die Uniform der afghanischen Streitkräfte trug – wurde ebenfalls erschossen. Sieben deutsche Soldaten wurden bei dem Schusswechsel im Außenposten „OP North“ verletzt, drei davon schwer. Unklar war, wie der schwer bewaffnete Angreifer am Freitag in das Lager eindringen konnte.

Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hatte den Ort des Anschlags erst einen Tag zuvor nach einem eintägigen Aufenthalt verlassen. Der genaue Ablauf des Angriffs war gestern Abend noch unklar: Der Mann habe „völlig überraschend aus kurzer Distanz“ auf die deutschen Soldaten gefeuert, sagte zu Guttenberg.

Laut der für Afghanistan zuständigen Nato-Truppe Isaf in Kabul waren die Soldaten mit Wartungsarbeiten an einem Fahrzeug beschäftigt. Fest steht nach Angaben des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr auch, dass der Angreifer gegen 12 Uhr Ortszeit das Feuer eröffnete. Er schoss offenbar mit einer Maschinenpistole wild um sich.

Erst zwei Tage zuvor hatte Guttenberg am Ort des Anschlags in einem Feldbett übernachtet. Es war das erste Mal auf nunmehr neun Afghanistanreisen des Ministers, dass er über Nacht in einem Außenposten blieb.

Obwohl sich die Sicherheitslage in den vergangenen Monaten verbessert hat, gilt die Befestigung in der Region Baghlan nach wie vor als einer der gefährlichsten Einsatzorte der Bundeswehr in Afghanistan. In der Umgebung starben im vergangenen Jahr bei Gefechten und einem Anschlag insgesamt fünf deutsche Soldaten. Auch der Vorfall, bei dem im Dezember vergangenen Jahres ein Bundeswehrsoldat durch die Kugel eines Kameraden getötet wurde, ereignete sich dort. Insgesamt sind in der etwa 70 Kilometer südlich von Kundus gelegenen Stellung 500 Bundeswehrsoldaten stationiert. Da dort gerade Ausbauarbeiten stattfinden, halten sich außerdem zahlreiche afghanische Arbeiter und Soldaten im Lager auf.

Ob einer von ihnen den jüngsten Anschlag verübt hat, ist, obwohl der Täter offenbar die afghanische Armeeuniform trug, unklar. Für Omid Nouripour, Vertreter der Grünen im Verteidigungsausschuss, hätte ein solcher Anschlag, in einem Lager der Bundeswehr von afghanischen Soldaten verübt, „eine neue Qualität“, wenngleich solche Fälle in Afghanistan nicht neu seien: Briten und Amerikanern hätten bereits ähnliche Vorkommnisse erleben müssen. „Die Taliban versuchen, ihre Leute in die afghanische Armee zu schleusen“, sagte Nouripour. Er gehe davon aus, dass der Anschlag längerfristig geplant war. Einen Zusammenhang mit dem Besuch von Verteidigungsminister Guttenberg in dem Außenposten, der kurz zuvor stattfand, sieht er daher nicht.

Guttenberg selbst sagte am Freitag am Rande seiner Erklärungen zu den ihm vorgeworfenen Plagiaten lediglich: „Ich trage die Verantwortung für die Soldaten im Einsatz, wie ein Ereignis am heutigen Tag einmal mehr auf bittere Weise zeigt.“ Die FDP-Bundestagsfraktion brachte in einer von der sicherheitspolitischen Sprecherin, Elke Hoff, verfassten Erklärung ihre „tiefe Bestürzung“ angesichts des Vorfalls zum Ausdruck. Die FDP-Bundestagsfraktion verurteile den feigen Anschlag zutiefst.

FÉLICE GRITTI